- Denn im Prinzip gibt es nichts, worauf man stolz sein kann. Ich war jung und blöd, das erste Mal richtig verliebt. Ich wollte alles schnell haben: Geld, ein eigenes Haus und dort eine Familie, unbedingt mit dem erstgeborenen Sohn – lächelt Herr Mirek. Was ist daran so besonders? – denken Sie. Tja: Langeweile, Klischee, Alltagsgelaber, Null Fantasie – es wird also Zeit, den verehrten Leser aus dieser "Vision der Hoffnungslosigkeit“ zu entführen.
Vereint durch Liebe und gemeinsame Kasse
Wer sie waren und was sie gemacht hatten, bevor Mirek und Aneta zusammenkamen, lassen wir hier aus, denn es ist auch keine "Besonderheit". Es genügt zu sagen, dass sie nur füreinander Augen hatten, viele Monate vor der geplanten Hochzeit zusammenzogen, hielten sich ihr gemeinsames Pärchen der Unzertrennlichen sowie – und das ist der Schlüsselpunkt dieser Geschichte – ein spezielles Bankkonto, auf dem sie Geld für ihr Traumhaus zurücklegten. Das, was ihren bis an die Schmerzgrenze geordneten Alltag auf den Kopf stellen sollte, geschah an einem sonnigen Morgen vor 19 Jahren, als sie zusammen in den Heimatort von Aneta unterwegs waren, um ihrer zahlreichen Familie offiziell zu verkünden, wie gut es ihnen geht in der niederschlesischen Hauptstadt.
- Ich fuhr damals noch ein Polonez, obwohl ich mir vermutlich auch etwas Besseres hätte leisten können. Als ich an der Tankstelle für das Benzin bezahlte, kaufte ich für den Restgeld ein Rubbellos. Der Gewinn waren 25 Tausend neue polnische Zloty - erzählt Mirek.
Obwohl er eigentlich weder von dem Gewinn, noch von den Ersparnissen auf dem gemeinsamen Konto erzählen wollte, konnte Aneta an dem feucht-fröhlichen Abendessen im Kreis der Familie ihren Mund nicht halten und begann damit zu prahlen. Damals übersah er auch, da er - wie er sagt - etwas sauer auf die Zukünftige war, dass der Mann ihrer Schwester von diesem Zeitpunkt an der Schwägerin eigenartig nachzustellen begann. Und später kam er ebenso eigenartig oft nach Breslau, angeblich geschäftlich oder scheinbar, um ein süßes Geschenk von der „lieben Mama" vorbei zu bringen. Das Ende war auf jeden Fall so, dass etwa fünf Monate später, als Mirek von einer dreitägigen Geschäftsreise zurückgekehrt war, bemerkte er, dass im Schrank die Sachen seiner Liebsten fehlten und auf dem gemeinsamen Sparkonto nur 5 Zloty und 20 Groschen übrig geblieben waren, also etwa 45 Tausend Mal weniger, als es sein sollte.
Bella Italia!
Herr Mireks emotional-rechtliche Belange verschweigen wir lieber an dieser Stelle. Wir werden uns auch nicht hier darüber auslassen, dass viele Menschen, die in solche Lage geraten, den Druck nicht aushalten und sich oft etwas Schlimmes antun. Wir sagen nur, dass der Pechvogel aus Breslau gute Paar Jahre gebraucht hat, um es zu "überwinden".
- 2002 machte ich mit Bekannten Urlaub in Italien. An einem Abend bin ich beim Spaziergehen von einem Typen, der sich kaum auf den Beinen halten konnte, fast niedergetrampelt worden. In der ersten Sekunde wollte ich ihm sogar eine verpassen – erinnert er sich. Es ist wohl gut, dass es nur bei Absichten geblieben war, denn Herr Mirek ist kein Schwächling und konnte dem angetrunkenen Deliquenten ernsthaft wehtun, wodurch er unglaublich viel Geld verlieren würde. Knapp gerechnet, etwa 53 000 Euro.
Sorry, du Trottel!
Es wird nun Zeit, die Aufmerksamkeit an den Typen zu lenken, der auf der italienischen Straße über die eigenen Füße stolperte. Es stellte sich nämlich heraus, dass es ein Pole war (und wir stellen traurig fest, dass uns das nicht wundert), zudem noch ein alter "guter" Bekannter von Mirek – der Schwager Anetas, der ehemaligen Fast-Gattin von Herrn Dumny.
Anetas Schwester hatte mit ihrem Mann kein leichtes Leben. – Es war ein typischer Weiberheld – sagt Herr Mirek. – Und wie sich noch später herausstellte, auch noch ein Dieb, der jemandem die Verlobte und das Geld wegnimmt – fügt er hinzu. Es gibt noch einiges auf der Welt, von dem die Philosophen nicht mal träumen – deshalb können wir durchaus nachvollziehen, dass der schlaue Schwager es fertig brachte Aneta den Kopf so zu verdrehen, dass sie ihren Verlobten sitzen ließ und bei der Gelegenheit gleich das gemeinsame Konto leer räumte. Die Fortsetzung dieser stürmischen Romanze ist einfach "faszinierend". Wir fassen kurz zusammen, was wir wissen, denn auch Herr Mirek bis heute nicht alles begreifen konnte – weder mit dem Wissen noch – wie er selbst sagt: mit dem Verstand.
Nachdem Aneta plötzlich total verrückt nach dem Schwager geworden war, beschlossen die beiden, sich aus dem Staub zu machen. So weit wie möglich. Er bemühte sich schnell, die Zlotys in eine buntere Währung umzutauschen. Was sie gemacht hatten, bevor sie das Schicksal nach Holland verschlug, weiß man nicht so richtig. Herr Mirek erfuhr allerdings von dem nicht ganz nüchternen "Schwager", dass: " die Schlampe dort ins Kasino mich mitnahm und alles war [piiii - Red.]. Und sie selbst hat sich an so einen Sonnengebräunten rangemacht und mich mit dem ganzen [piiii - Red.] sitzenlassen". Um den Schaden, den er Herr Mirek hinzugefügt hatte, wieder gut zu machen ("weil du ein unschuldiger Trottel bist"), zog der Schwager aus der Hosentasche einen zerknitterten 10- Euroschein als Entschädigung und sagte, der Situation entsprechend: "Mann, ich hab gerade nur so viel, aber ich vergesse dich nicht, weil wir beide Opfer dieser [piiii - Red.] sind". Mirek lacht sich kaputt, als er heute über dieses "Gipfeltreffen", berichtet. - Er hat mich so angefleht und mir das Geld regelrecht in die Hand gedrückt, dass ich es schließlich nahm, um meine Ruhe zu haben, damit er endlich verschwindet. Und in der nächsten Bar kaufte ich dafür gleich einen Schein des SuperEnalotto [italienisches Lotto, mit Jackpots mit mehreren Hundert Millionen Euro - Red.] - erzählt Mirosław Dumny.
Epilog
Etwa 53 000 Euro – so viel Geld brachte Mirek aus dem besagten Italienurlaub nach Hause. Weitere Urlaube verbrachte er schon in Oberösterreich – im Haus der Frau, die er später heiratete und die – was wir überprüft haben – auf jeden Fall nicht Aneta heißt.
Vor- und Nachnamen im Text geändert.