Ursprünglich war es geplant, in Breslau drei Filme pro Jahr zu produzieren, diese Zahl stieg allerdings sehr schnell an und vier Jahre später hat man im Atelier sogar neun Streifen gedreht. Als goldenes Zeitalter erwiesen sich für das Studio die ausgehenden 50er und die gesamten 60er Jahre, nicht nur wegen des Ausbaus des Objekts sondern auch aufgrund der Regisseure, die es zu ihrem Arbeitsplatz ausgewählt haben. Andrzej Wajda drehte hier "Asche und Diamant", Wojciech Jerzy Has die "Handschrift von Saragossa" und "Die Puppe", Roman Polański Szenen für das "Messer in Wasser", Stanisław Lenartowicz die Komödie "Giuseppe in Warschau" und Konrad Nałęcki die Kultserie "Vier Panzersoldaten und ein Hund".
Der goldene Wagen und der Zauberspiegel – wir gehen hinein
Diese großen Filme und exzellenten Regisseure haben im Studio ihre Spuren hinterlassen, die wir gleich nach dem Betreten des großen Foyers entdecken. An der linken Seite bemerkt man, neben der Wand mit Plakaten für die in Breslau gemachten Filme, einen stattlichen italienischen Kamerawagen Elemack, Baujahr 1976. Er ist goldfarben und deshalb in Polen ein einmaliges Exemplar. Mittlerweile nur noch ein Ausstellungsstück, früher wurde er jedoch regulär bei Dreharbeiten verwendet. An der rechten Seite des Foyers befindet sich wiederum ein mehrere Meter langer Spiegel, der fast die gesamte Wand in Anspruch nimmt. 1964 verwendete man ihn für Spezialeffekte in der "Handschrift von Saragossa" von Wojciech Jerzy Has. – Er "spielte" in der Szene mit, in der Zbigniew Cybulski durch einen maurischen Bogen geht: er sieht zuerst den Spiegel und in ihm seinen weiteren Lebensweg, anschließend geht er durch diesen Spiegel durch - erzählt Maria Duffek, Bühnen- und Kostümbildnerin des Spielfilmstudios. Der große und angeblich magische Spiegel wurde für die Szenen benötigt, die im Breslauer Studio gedreht wurden, anschließend brachte man ihn in den Krakau-Tschenstochauer Jura, wo die Freilichtaufnahmen entstanden.
Das Studio “A“ – heute Zbyszek-Cybulski-Studio
Die große Halle für Filmproduktion ist beeindruckend. 1986 wurde unter ihrem Boden ein Becken errichtet, aus dem die halbnackte Schauspielerin Katarzyna Figura in einer der Finaleszenen des "Zug nach Hollywood" von Radosław Piwowarski stieg. Heute sieht es vornehmer aus, untergebracht werden hier Kostüme, Kamerawagen (siehe Foto) und sogar eine tschechische Kamera aus den 50er Jahren – alles vorbereitet für eine Jubiläumsausstellung, die im März eröffnen wird.
Stanisław Kolenda, einer der ältesten und zugleich am meisten erfahrenen Studiomitarbeiter zeigt uns die Kamerawagen. Die meisten von ihnen entstanden im Filmstudio in den 60er und 70er Jahren. – Sie sind bis heute funktionsfähig, man kann damit ruhig fahren und zum Beispiel Videoclips in einem Lokal drehen, in dem es nur wenig Platz gibt – bemerkt Stanisław Kolenda, der sich seit Jahren um die Instandhaltung der Geräte kümmert, damit sie nicht kaputt gehen, denn ohne sie ließe sich schwer irgendwas drehen.
Der Ausschnitt von Beata Tyszkiewicz – wir werfen einen Blick auf die schönen Kostüme
Die Mode sensu stricte herrscht jetzt im Studio "A", das vor einigen Wochen nach Zbyszek Cybulski benannt wurde. Der Schauspieler war im Breslauer Filmstudio nicht nur ein ständiger Gast, er wohnte auch in dessen Gästezimmern während der Filmproduktionen. Im großen Foyer finden wir ein Bild der Kleopatra mit der Schlange, das Zbyszek ziemlich unbeholfen in der Komödie "Giuseppe in Warschau" von Stanisław Lenartowicz “malte“. Erinnerungsstücke an die Legende des polnischen Kinos gibt es mehr, etwa zwei Kostüme aus der "Handschrift von Saragossa", in der er den Kapitän der wallonischen Garde Alfons van Worden spielte.
Die Kostüme können wir allerdings dank eines speziellen Restaurierungsprojekts bewundern, das Maria Duffek im Filmstudio ins Leben gerufen hat. Ein Team aus sechs Fachleuten arbeitet daran, den Kleidungsstücken ihren alten Glanz wiederzugeben. – Wir freuen uns, dass wenigstens ein Teil der Kostüme gerettet werden konnte, denn im Computerzeitalter vergessen wir leicht, dass es sich dabei um richtige Handwerkskunst handelt, um die sich überall in der Welt Speziallisten sehr sorgfältig kümmern – bemerkt Barbara Drozdowska, Bühnen- und Kostümbildnerin, die an diesem Projekt arbeitet.
Wie macht man einen Erhängten - das Foley-Studio
- Es ist ein spezieller, schalldichter Raum, zum Nachvertonen von Geräuschen – präzisiert Szymon Straburzyński, ein Spezialist für Geräuscheffekte. Hierher kommen alle Filme, die in der Regel mit allen Tonen – bis auf Dialoge – ausgestattet werden müssen. In einem Raum lässt der Tonmeister den Film von einem Laptop abspielen, in einem anderen wiederum hat der Geräuschemacher einen Einblick in die Aktion des Films und erzeugt z.B. die Aufnahme von Schritten, das Rauschen der Grashalme (hervorragend eignet sich hierfür ein altes Tonband), das Baumeln eines Erhängten (mithilfe eines Gerätes, in dem eine Art Schraube gedreht wird), den Hufschlag der Pferde (sehr gut dafür sind Kokosnusshälften), das Zuschlagen der Autotür (das Schließen der Kühlschranktür war dem Zuschlagen einer Mercedestür täuschend ähnlich) oder das Türklingeln (auf dem Foto sieht man verschiedene Klingel). Ein wahres Relikt, allerdings sehr gut brauchbar, ist das Aufnahmegerät Nagra vom polnischen Ingenieur Stefan Kudelski entworfen, das von allen Film- oder Fernsehstudios der Welt verwendet wurde oder oft noch verwendet wird. Bis heute haben es die alten Geräuschmacher im Auto, neben dem digitalen Rekorder, so für alle Fälle, da es sogar bei minus vierzig Grad noch funktioniert - erklärt Straburzyński. Wir gehen weiter.
Der Vorführsaal, entworfen von der Breslauer Technischen Hochschule
Die Ingenieure dieser Lehranstalt sorgten in den 70er Jahren für die akustische Gestaltung des Raumes, in dem das Material betrachtet und Diskussionen in kleinen Kreisen geführt wurden. –Geprüft wurde, ob der aufgenommene Film keine technischen Fehler aufweist, wie der Aufnahmeleiter und die Schauspieler zurecht gekommen sind. Aus dem Vorführraum gehen wir in ein kleines Zimmer (mit Durchblick auf den Bildschirm) für die Aufnahme der Lektorate.
Das Filmstudio in der Farbe blue
Als im Jahr 2011 das Spielfilmstudio in das Zentrum der Audiovisuellen Technologien (Centrum Technologii Audiowizualnych) umgewandelt wurde, entstand auch ein neues Studio (seine Entstehung beaufsichtigte Zbigniew Rybczyński), das heute in Polen einmalig ist. Früher im Filmstudio, wenn man Szenen im Atelier drehen wollte, musste man zuerst das Bühnenbild aufstellen, dann kam der Schauspieler und erst dann entstanden die Aufnahmen. Heute reicht die Blue-Box – Bildbearbeitungstechnik. Im riesigen Studio gibt es eine HD-Kamera und zwei Bühnen – kleinere und größere (auf dem Foto), Drehbühne. – Die Drehbewegung der Bühne ist mit der Bewegung des Kameraarms im Raum verbunden – erzählt Jakub Machałek. – Das System soll den lebendigen Schauspieler mit der erzeugten 3D-Grafik und der hinzugefügten Miniatur verbinden – erklärt er. Das Bühnenbild im klassischen Sinne ist hier nicht notwendig. – Wir haben Versuche mit Miniaturen gemacht und haben Aufnahmen, auf denen der Schauspieler durch eine Tür geht und man merkt nicht, dass wir in Wirklichkeit Gegenstände benutzt haben, die kleiner als ein Meter sind – betont Jakub Machałek. Zurzeit arbeitet man im Studio an der Technik der Beleuchtung der Schauspieler auf der Bühne, damit man durch die Verwendung des Tricklichts Schatten oder andere Bühnenbildelemente erzeugen kann. Ein spektakulärer Film ist hier noch nicht entstanden. - Wir arbeiten erst an Möglichkeiten, wie man dieses System nutzen kann – sagt Grafiker Łukasz Mackiewicz. Das Filmstudio ändert sich, weil sich auch die Art der Filmproduktion geändert hat. Im Gebäude in der ul. Wystawowa trifft die Vergangenheit auf die Zukunft. Der gemeinsame Nenner bleibt der Film.
Magdalena Talik