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Soziale Diagnose von Wroclaw: welche Nachbarn sind wir

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- Junge Menschen sind mobil und bauen ihre Netzwerke außerhalb des Wohnorts auf. Personen mit höherem sozialen Status bevorzugen Situationen, bei denen sie sich für Nachbarschaftshilfe nicht revanchieren müssen - sagt Dr. Habil. Katarzyna Kajdanek vom Institut für Soziologie der Uni Wroclaw, Mitautorin der Sozialen Diagnose von Wroclaw 2014.

Die Soziale Diagnose von Wroclaw wurde von den Wissenschaftlern aus dem Institut für Soziologie der Universität Wroclaw unter der Leitung von Prof. Stanisław Kłopot vorbereitet. An den Untersuchungen, die im Frühjahr 2014 durchgeführt wurden, nahmen zweitausend Menschen zwischen dem 15. und dem 80. Lebensjahr teil, die mindestens seit einem halben Jahr in der Hauptstadt Niederschlesiens wohnen. Die erste Soziale Diagnose von Wroclaw wurde 2010 angefertigt, ihr Umfang war allerdings nicht so groß. Bei der neusten wurden die Einwohner der Hauptstadt Niederschlesiens nach ihrem Haushalt, nach der Familie und der Stadt befragt. Wir werden regelmäßig die interessantesten Daten vorstellen.

Tomasz Wysocki: Mehr als 45 Proz. der Einwohner Wroclaw halten Kontakt höchstens zu zwei oder drei Nachbarn, allerdings sogar 8,9 Proz. geben an, keinerlei Beziehungen zu den Nachbarn zu pflegen. Das ist traurig, dass wir Menschen aus der unmittelbaren Umgebung meiden.

Dr. habil. Katarzyna Kajdanek, Soziologin an der Uni Wroclaw: - „Ich gebe zu, es ist traurig. Denn das bedeutet, dass diese Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld niemanden haben, zu dem sie irgendeine Art von Kontakt halten. Sie grüßen sich nicht, ganz zu schweigen von gegenseitigen Besuchen.“

Warum wird die nachbarschaftliche Bindung immer schwächer?

- „Weil sie immer mehr auf einem gemeinsamen Lebensstil beruht, entsprechend dem Motto: ich suche Menschen, die mir bezüglich der Interessen ähnlich sind, ich stütze mich dabei nicht darauf, dass es in meiner Nähe Menschen gibt, zu denen ich Kontakt aufnehme.

Die fehlenden Kontakte lassen sich nicht gleichmäßig auf die jeweiligen sozialen Kategorien verteilen: auf die Alters- oder Bildungskategorie. Ältere Menschen sind viel stärker mit ihren direkten Nachbarn verbunden als die jüngeren. Jüngere Personen wiederum sind viel mobiler und bauen ihre sozialen Netzwerke außerhalb des Wohnortes auf. Als das erste Kriterium bei der Wahl gilt für junge Menschen nicht der Wohnort, sondern gemeinsame Interessen oder Hobby. Wesentlich erleichtert wird dies durch die Technik, die Entwicklung des mobilen Telefonierens oder die virtuellen sozialen Netzwerke. Für ältere Personen beschränkt sich dieses Angebot der Freizeitgestaltung und der Kontaktsuche oft auf den Wohnort. Sie knüpfen Kontakte zu der Dame aus dem Gemüseladen, zu Menschen aus der Kirchengemeinde, oder zu der direkten Nachbarin. Für sie bezieht sich dieser Umkreis auf wenige Straßen, beschränkt sich auf die Grenzen der Pfarrgemeinde.“

Quelle: Soziale Diagnose von Wroclaw

Was ist noch für die nachlassenden nachbarschaftlichen Beziehungen verantwortlich?

- „Ihre Nachbarn meiden auch Personen mit einem höheren Bildungsgrad und einem sozialen Status, der den erlangten Bildungsgrad, den ausgeübten Beruf und in diesem Zusammenhang auch den wirtschaftlichen Status in sich vereint.

In der subjektiven Bewertung des sozialen Status spiegelt sich deine persönliche Ansicht wider, wo du dich selbst in der sozialen Struktur siehst – ob höher als die anderen, auf demselben oder vergleichbaren Niveau oder tiefer. Ein Arzt, also eine Person mit akademischem Abschluss, die relativ gut verdient und einen Beruf ausübt, der große soziale Anerkennung genießt, wird sich vermutlich als jemand mit einem höheren Status bewerten.

Ich bin der Meinung, dass Menschen mit einem höheren sozialen Status davon ausgehen, dass sie jede Hilfe bekommen können, ohne Kontakt zu ihren Nachbarn aufzunehmen, denn das Zahlungsmittel, für welches sie alle notwendigen Gegenstände und Leistungen bekommen, ist das Geld. Sie möchten lieber niemandem eine Gegenleistung schuldig bleibt und sich für nachbarschaftliche Hilfe revanchieren zu müssen. Es sind meistens Leute, die über gut ausgebaute Netzwerke aus Kontakten verfügen, die – wie bei den Jugendlichen – auf ihrer eigenen Wahl beruhen. Und ähnlich wie die jungen Menschen schätzen sie sich die Freiheit, selbst wählen zu können, zu wem sie Kontakt aufnehmen. Mit anderen Worten, manchmal ist es ihnen lieber, eine Securityfirma zu bezahlen, als den Nachbarn zu bitten, auf das Haus und den Garten aufzupassen, wenn sie verreisen.

Je höher der soziale Status, desto größer ist die Neigung, sich zu individualisieren, abzuschotten, das Gefühl zu haben, dass alles, von dem Einzelnen abhängig ist, dass der Einzelne in jeder Situation zurechtkommt. Eine solche Person braucht kein Netzwerk an Kontakten in der unmittelbaren Umgebung. Freiheit und Individualismus sind für Menschen mit einem höheren sozialen Status wichtiger als die Beziehung zum Nachbarn. In den teuren, angesehenen Siedlungen werden Menschen, die nebeneinander wohnen, zu Bekannten, mittels der Implosion werden sie in einen gesellschaftlichen und nicht in den nachbarschaftlichen Kreis hineingezogen. Das sind zwei verschiedene Arten der Beziehungen.“

Quelle: Soziale Diagnose von Wroclaw

“Das ist auch mit einem breiteren Phänomen verbunden, das als der neoliberale Wandel in der Städteentwicklung bzw. die Wende in der Betrachtung der Städte bezeichnet wird. Wenn wir uns überlegen, wie es zur Entstehung der umzäunten Siedlungen kam, hört man immer wieder, die Menschen würden sich aufgrund des hohen Rangs abschirmen, um diesen Rang aufrechtzuerhalten oder wegen der Angst. Ich bin der Meinung, dass unter den polnischen Verhältnissen weder die eine noch die andere Erklärung ausreichend ist. Das Bedürfnis, sich abzuschirmen lässt sich dadurch erklären, dass die Menschen den Glauben an die Wirksamkeit der Regierung verloren, der Staat gibt ihnen kein Gefühl der Sicherheit. Die Menschen haben den Eindruck, dass der Staat für die Grundleistungen nicht mehr sorgt, z.B. die Mülltone immer überfüllt sind und das Treppenhaus nicht aufgeräumt. Mit einem Wort: das System funktioniert nicht mehr. Dann fassen die Einwohner einen Entschluss: "Wir zäunen uns ab. Wir privatisieren diesen Bereich. Wir mieten eine Firma. Wir hören auf, auf den Staat und die Regierung zu zählen. Der Markt stellt uns diese Leistungen in einer besseren Qualität bereit ". Also nicht nur die Technologie, nicht nur der steigernde Wohlstand, sondern auch eine Umstellung der Denkweise im Bezug darauf, wie diese städtische, nachbarschaftliche und lokale Welt geordnet ist.“

Soziale Diagnose von Wroclaw: 55 Proz. der Befragten haben keinerlei Aktivitäten für die Nachbarschaftsbeziehungen unternommen, 33 Proz. haben nur geringe Aktivitäten an den Tag gelegt, 15 Proz. mittelmäßige oder hohe Aktivität (mindestens drei Aktivitäten im Jahr).Was würde dich dazu bringen, für sich die Nachbarschaft zu engagieren?

Quelle: Soziale Diagnose von Wroclaw

Die umzäunten Siedlungen stellen in einem gewissen Sinne ein polnisches Phänomen dar. In Deutschland gibt es viel weniger davon.

“Ich überlege mir, wie man dieses Phänomen erklären könnte. Zum Beispiel, weil die Polen das Trauma der Wende nicht richtig überwunden haben, auch nicht die Probleme, die damit verbunden sind, dass wir uns noch keine Antwort auf die Frage gegeben haben, was sind wir für eine Gesellschaft im Sinne der Klassenverteilung, dass immer noch eine unterbewusste Trennung in Adel und Bauern, bzw. in Herren und Untertanen existiert. Dies sollte einer feinen kulturellen, historischen und soziologischen Analyse unterzogen werden. Allerdings wie es mir scheint, in solchen Situationen, zu welchen Nachbarn ich Kontakt haben möchte und zu welchen nicht, welcher Nachbar für mich wichtig ist.“.

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