Das "Panorama" zeigt die Stadt Lemberg in den Jahren 1772-75 und umfasst die Bebauung innerhalb der Stadtmauer mit einigen Außenbezirken. Alle im Modell wiedergegebenen Gebäude charakterisieren eine außergewöhnliche Detailtreue und sorgfältige Anfertigung. Ein zusätzliches Element des Modells bildet eine Ölskizze auf Leinwand, die auf Sperrholzplatte aufgeklebt wurde und als Hintergrund für das "Panorama" dienen sollte.
Der Architekt Janusz Witwicki begann die Arbeiten am Panorama von Lemberg im Jahr 1928. Am Projekt war ein ganzes Team von Mitarbeitern beteiligt. – Sie bereiteten die ikonografische Dokumentation vor, führten auch Landvermessungen durch – erzählt Dr. Łukasz Koniarek vom Ossolineum.
Präzise Arbeit
Das Panorama wurde auf sechs Platten errichtet, jede von ihnen 2 auf 1,2 m groß. Lemberg wurde im Maßstab 1:200 dargestellt.
- Die Gebäude wurden aus Pappe, Bristolkarton und Sperrholz errichtet und mit Kupfer- und Bleiblech verkleidet. Seine Erbauer verwendeten auch Draht und sogar Celluloid – sagt Adam Grocholski, Künstler, der bei der Restaurierung des Panoramas beschäftigt war. – Alle wurden sehr präzise ausgeführt, mit Berücksichtigung der Architekturdetails. Jeder Schornstein, jedes Fenster ist sehr genau wiedergegeben. Außerdem bemühten sich die Modellbauer, die Altersspuren wie Wasserflecken oder Löcher im Putz auf den Gebäuden nachzumachen, um auf diese Weise den wahren Charakter der Stadt zu veranschaulichen.
Das Panorama wurde in Lemberg niemals öffentlich ausgestellt, nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die sowjetischen Machthaber Witwicki keine Erlaubnis erteilen, das Werk außer Landes zu bringen. Dem Architekten ist es schließlich gelungen, die Zustimmung für die Ausfuhr zu erbetten, jedoch kurz vor seiner Ausreise nach Polen im Jahr 1946 wurde er unter dubiosen Umständen ermordet. Man vermutet, dass hinter diesem Mord die NKWD steckte.
Von Lemberg über Warschau nach Breslau
Das Panorama wurde aus Lemberg von der Ehefrau des Architekten ausgefahren und nach Warschau gebracht. Zuerst wurde es in den Ruinen des Königlichen Schlosses versteckt, dann in den Kellern der Warschauer Technischen Hochschule. Schließlich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde es nach Breslau verlegt, in das Architekturmuseum, und später in das Historische Museum. Dort wurde das Modell auch zum ersten Mal in den 90er Jahren der Öffentlichkeit präsentiert.
Während dieser Odyssee sind einige Gebäude verloren gegangen, einige wurden beschädigt und man wusste auch nicht genau, was man mit dem Plastischen Panorama von Lemberg machen soll. Die Familie des Architekten Witwicki entschloss sich deshalb im Jahr 2006, das Modell dem Ossoliński-Nationalinstitut zu überlassen.
Im Institut wurde beschlossen, das Panorama zu restaurieren und den Versuch zu wagen, die verlorengegangenen Elemente zu rekonstruieren. Es fehlten nämlich die schöne barocke Dominikanerkirche oder die Synagoge zur Goldenen Rose. Es wurden außerdem der Turm und die Kapelle der Franziskanerkirche ergänzt und die lateinische und walachische Kathedrale wiederhergestellt. Die Arbeiten wurden vom Ministerium für Kultur und Nationales Erbe mit 100 Tsd. PLN bezuschusst.
Stadt der Lichter
Das Modell wurde auch, wie Witwicki ursprünglich geplant hatte, mit Beleuchtung ausgestattet. Der Wunsch des Architekten war dabei, das Panorama von Lemberg in verschiedenen Lichtverhältnissen zu zeigen – von der aufgehenden Sonne bestrahlt, in den Mittagsstunden, bei Sonnenuntergang und sogar beim Mondschein.
- Heute kann man dank der LED-Technik diese Effekte erzielen, ohne das Modell dabei zu beschädigen – sagt Tomasz Fronczek, Künstler, der bei der Restaurierung des Panoramas tätig ist.
Ein Anruf bei Witwicki
Das Panorama von Lemberg soll in einer der Rotunden der Jahrhunderthalle ab September 2015 ausgestellt werden.
- Wir arbeiten am Konzept der Ausstellung. In das Projekt involviert ist u.a. Marek Krajewski - verrät Paweł Romaszkan von der Verwaltung der Jahrhunderthalle. – Wir möchten, dass das Panorama lebendig ist, dass es auch von Personen besichtigt wird, die mit Lemberg nicht viel zu tun haben. Deshalb soll die Ausstellung mit einer Multimediapräsentation ergänzt werden. Alle Gebäude aus dem Panorama wurden währen der Restaurierung in der 3D-Technik eingescannt.
Die Ausstellung soll an die Geschichte Lembergs anknüpfen – sie soll die Polen, die dort früher gelebt hatten, zeigen und auch die Lemberger, die nach Breslau umgesiedelt wurden.
- Wir werden dabei die Anekdoten über die Stadt verwenden und auch auf das Leben des Erbauers des Panoramas, Janusz Witwicki Bezug nehmen - erzählt Romaszkan. – Vielleicht wird das Geheimnis um seinen Tod vom Kommissar Edward Popielski gelöst, dem Helden der Lemberger Krimis von Marek Krajewski. Unsere Idee ist, eine Telefonzelle aus der Zeit mit einem Telefonbuch von Lemberg aufzustellen. Dort finden wir die Nummer des Architektenbüros von Witwicki, das sich in der ul. Ormiańska 18 befand. Man muss nur die Nummer 26363 wählen, um mit dem Erbauer des Panoramas verbunden zu werden. Ich möchte aber nicht alle Pläne verraten.
Zur Eröffnung des restaurierten Plastischen Panoramas von Lemberg in der Jahrhunderthalle kommt auch die Familie von Janusz Witwicki. Sein Lebenswerk wird zum ersten Mal die Möglichkeit haben, professionell ausgestellt zu werden.