Die stürmische Geschichte Wroclaws – insbesondere die des 20. Jh. – spiegelt sich in unseren Denkmälern wieder. Wiederaufgebaute Gotteshäuser, restaurierte Wohnbauten und aus tausenden Bruchstücken zusammengesetzte Skulpturen.
Ein Altar aus 1,5 Tsd. Teilen
Zu diesen Skulpturen gehört der Hauptaltar in der Hochberg-Kapelle der Schmerzensmutter in der griechisch-katholischen Kathedrale des Hl. Jakobus am Pl. Nankiera. Die barocke Kapelle, die während der Kämpfe um Festung Breslau zerstört worden war, wurde wiederaufgebaut und nach zehnjähriger Renovierungszeit im Jahr 2013 den Gläubigen und Touristen zugänglich gemacht. Der Hauptaltar wurde aus rund 1,5 Tsd. Bruchstücken zusammengesetzt, die im Schutt im Inneren der Kapelle gefunden wurden. Im Bauschutt fand man auch einen Messingstern, mit dem die Marmorplatten des Bodens verankert waren. Er diente als Muster für die übrigen 379 Sterne.
Die Angelus-Kanzel
Fast in der Nachbarschaft der griechisch-katholischen Kathedrale befindet sich die kleine Kirche St. Matthäus. In ihrem gotischen Inneren zieht u.a. die Renaissancekanzel aus dem Jahr 1607 die Blicke auf sich. Es ist einer der ältesten Plätze dieser Art in Wroclaw. Von der Kanzel predigte einst der Dichter und Mystiker, Pater Angelus Silesius.Die Kanzel hat zusammen mit der Kirche die Kriegszeit überstanden, jedoch der Bauzustand der Gebäudes war so schlecht, dass 1958 im nördlichen Teil des Querhauses zum Absturz der Dachkonstruktion kam. Neben ihm befand sich die Kanzel, die ebenfalls zerstört wurde. Zweihundert historische 3D-Puzzlestücke kamen in die Gruft des Angelus Silesius. Erst in unserem Jahrhundert wurden Restaurierungs- und Bauarbeiten an der Kirche veranlasst, die auch die Rekonstruktion der Kanzel umfassten. Heute kann man sie an der Stelle bewundern, wo sie sich vor 60 Jahren befand.
Geheimnisvolles Madonnenhaupt
Es ist schon bekannt, dass nach Ostern die Madonna mit Kind erneut an der Kirche Hl. Maria Magdalena aufgestellt wird. Es wird sich bei ihr um Replik einer Skulptur handeln, die ebenfalls zusammengesetzt werden musste. Den interessantesten Weg hat allerdings das Haupt der Madonna hinter sich.
Zuerst – ca. 450 Jahre lang - stand sie am Hauptportal der Kirche in der ul. Szewska in Wroclaw. Die Skulptur hat den Krieg überstanden. Schon nach der Kapitulation der Stadt am 17. Mai 1945 kam es zu einer rätselhaften Explosion, bei der drei Wände des Turmes zerstört wurden. Beschädigt wurden auch die Kirchenfassade und das Hauptportal. Die Figur zerfiel in zwei Teile, jeder von ihnen wurde an einem anderen Ort aufbewahrt. Der Torso (jahrelang war seine Identität unbekannt) befand sich in einer der Seitenkapelle der Kathedrale. Das Haupt der Madonna galt lange Zeit als verschollen oder zerstört. Gefunden wurde es zufällig im Erzdiözesanmuseum in Poznań von Romuald Kaczmarek, einem Kunsthistoriker und Mitarbeiter der Uni Wroclaw. Es gelangte dorthin als Nachlas des verstorbenen Kunsthistorikers aus Poznań, Prof. Eugeniusz Iwanoyko.
Figur vor der Restaurierung in zwei Teilen; Tot. Tomasz Walków
Dank vereinigten Kräften des Erzdiözesanmuseums in Poznań, der Pfarrgemeinde der Kathedrale der polnischen Nationalkirche und des Nationalmuseums konnte das Werk zusammengefügt werden. Das Haupt und der Torso wurden in die Bestände des Nationalmuseums aufgenommen. Die zusammengesetzte Madonna kommt ins Nationalmuseum und ihre Replik an das Kirchenportal, wo sie noch vor 60 Jahren die Einwohner Wroclaws anlächelte.
So sah die Figur vor dem Krieg aus; Archivfoto aus der Sammlung der altkatholischen Kirche Hl. Maria Magdalena in Wroclaw