Sie haben sicherlich schon den "Marsianer" von Ridley Scott gesehen?
Leszek Orzechowski: Natürlich. Im Grunde genommen ist es ein Teil unserer Arbeit. Den "Marsianer" haben wir schon viel früher gelesen. Wir wollten wissen, wie das Buch in die Filmsprache übersetzt wurde. Es ist nicht schlecht gelungen und es gibt kaum Kritikpunkte. Übrigens, selbst die NASA war der Meinung, der Film sei sehr gut, um für die Entdeckungen des Universums zu werben. Nicht nur spannend, sondern auch dem wissenschaftlichen Standpunkt entsprechend. Sie haben beim Zuschauen darauf gewartet, ob auf der Leinwand etwas gezeigt wird, das aus dem wissenschaftlichen Standpunkt unmöglich ist?
Szymon Gryś: Wir haben bereits Meinungen gehört, der Film sei nicht schlecht und in Bezug auf das Buch nicht viel geändert würde, denn im Buch ist die Handlung sehr stark an der Realität orientiert. Leszek: Mit einer Ausnahme, die ich, wie ich vermute, aus dramaturgischen Gründen nicht vermieden werden konnte. Der Protagonist bleibt auf dem Roten Planet gefangen, nachdem es zu einem heftigen Sturm kam und das ganze Team fliehen musste. Der Held allerdings, der von einem Fragment der Antenne getroffen wurde, wurde für tot gehalten und alleine gelassen. Auf dem Mars jedoch wäre ein derart starker Sturm unmöglich. Man kann sich jedoch kaum wegen dieses Details aufregen, stattdessen sollte man sich freuen, dass der Rest der Wahrheit entspricht und sehr gut gemacht ist. Wie können Sie sich das Interesse für Mars erklären, mit dem wir gerade zu tun haben? Filme, Berichte über Untersuchungen, Plane bezüglich der Entsendung von Menschen, ähnliche Nachrichten über das Rote Planet hören wir in den letzen Jahren sehr oft .
Szymon: Am Anfang dieser Dekade wurde das amerikanische Raumfahrtprogramm mit der Verwendung der des Space Shuttle beendet und die Raumschiffindustrie auf der ganzen Welt stagnierte. Es stellte sich plötzlich heraus, dass wir nur mit den russischen Raumschiffen Menschen in den Weltall schicken. Auf dem Mars landeten Rovers, für die sich allerdings nur die echten Freaks interessierten. Jedoch erst als es zu Überlegungen kam, unter anderem mit Boeing oder SpaceX Menschen in den All zu schicken, war das Interesse für das Universum wieder da. Dann kamen auch Filme wie "Gravity" oder "Interstellar". Leszek: Heute ist der Weltall zum neuen Neverland geworden. In den letzten Jahren war es zum Beispiel in "Harry Poter" oder "Herr der Ringe" präsent und jetzt hat der All diese Rolle übernommen. Das ist das einzige Neverland, von dem wir wirklich träumen können, dorthin zu fliegen. Es ist keine Fantasie sondern tatsächlich vorhanden, allerdings ist es eine Frage der Zeit, es zu verwirklichen. Die NASA hat sehr lange gezögert, einen kohärenten Plan vorzustellen, was kommt nach den Space Shuttles, die unzählige Geldsummen gekostet und die Erwartungen nicht erfüllt haben. Erst vor wenigen Wochen stellte die NASA einen genauen Plan unserer Reisen auf den Mars vor. Die Amerikaner starten eine ganze Marketingmaschine, um den Menschen diese Idee zu verkaufen: In 15-20 Jahren fliegen wir auf den Mars. Seid darauf vorbereitet. Wir entwickeln verschiedene Theorien, die wir dazu brauchen werden.
fot. Space Is More
Und Sie sind sicher, dass wir noch Menschen auf dem Mars erleben werden?
Leszek: Ja. Man kann der NASA vertrauen, wenn es um ihre Pläne geht. Außerdem haben sie Konkurrenten. Es entsteht ein neuer Raumfahrtwettbewerb, diesmal nicht mehr zwischen Ländern, sondern zwischen Privatunternehmen. Einige Firmen haben vor, Menschen auf eine Raumstation zu schicken, andere möchten Edelmetalle aus den Asteroiden gewinnen. Es ist einfach so, dass die Mächtigsten dieser Welt viele Millionen, Milliarden Dollars in die Raumfahrtindustrie investieren. Szymon: Die Europäische Weltraumorganisation plant auch eine Reise in den All, in 10 Jahren möchte sie auf den Mond zurückkehren, was ein Meilenschritt auf dem Weg der weiteren Erforschung sein wird. Sie planen den Bau einer Raumstation auf der dunklen Seite des Mondes, was sehr interessant klingt. Leszek: Es findet gerade ein Wettbewerb der Europäischen Weltraumorganisation statt, mit der Vorgabe, die gesamte Mondmission für die Jahre 2020-2030 zu konzipieren, an dem wir uns auch beteiligen. Der Wettbewerb umfasst die Vorbereitung des Plans: was muss gemacht werden, um auf den Mond zurückzukehren und dort ein ständiges Basislager zu bauen. Für die Verwirklichung dieses Plans verfügen wir über ein starkes, internationales Team.
Es ist ein weiterer Wettbewerb in diesem Jahr, an dem Space Is More teilnimmt. Vor Kurzem sind Sie aus New York vom Finale des Wettbewerbs zurückgekehrt, der u.a. durch die NASA ausgeschrieben wurde, bei dem Sie unter den besten zehn waren und eine Auszeichnung erhielten.
NASA spielt mit offenen Karten: wir fliegen in 15-20 Jahren auf den Mars und müssen die Durchführung dieser Mission berücksichtigen. Auf dem Mars gibt es sehr niedrigen Druck, wodurch auch die Temperaturen sehr niedrig sind, es gibt dort auch so wenig Luft, dass man schwer bremsen kann. Man darf dort deshalb keine schweren Ladungen schicken, wir werden auf dem Mars nichts hinterlassen, was schwerer als eine Tonne ist. Dies wird sich vermutlich mit der Entwicklung der Technik ändern, jedoch heute sind wir nicht in der Lage, auf dem Mars ein großes Gebäude aufzustellen. Deshalb schrieb die NASA einen Wettbewerb aus, bei dem man zeigen sollte, wie man aus dem Marsgestein ein komplettes Habitat ausdrucken kann. Wir nehmen also kein vollständiges Gebäude mit, sondern nur Drucker, die es drucken können. Dann sind wir in der Lage, beliebige Menge von diesen Habitaten zu erstellen. So sah das Konzept aus. Es wurde dabei bewertet, ob es überhaupt machbar ist, woran die größten Schwierigkeiten bestehen, ob dieses Verfahren nicht zu fiktiv ist und ob man es bereits unter irdischen Bedingungen anwenden kann. Die Anwendung unter unseren Bedingungen wurde dabei übrigens höher bewertet als die Anwendung auf dem Mars. Die Idee der NASA sieht so aus: auf den Mars fliegen wir in 20 Jahren, die Technologie wird sich bis dahin mit Sicherheit entwickelt, besser werden, jedoch in der Zwischenzeit kann man auf der Erde Lösungen anwenden, die für das Rote Planet entwickelt wurden. Zum Beispiel, um günstige Siedlungen mit Hilfe der 3D-Drucker zu bauen. Letztendlich waren wir unter den zehn Besten.
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Was gefiel der Jury bei Ihrem Projekt?
Die Einfachheit der Ausführung und deren Durchführbarkeit. Das Thema des Wettbewerbs war zwar die Entwicklung des Druckverfahrens auf dem Mars, wir machten uns jedoch dadurch bemerkbar, dass unsere Methode am einfachsten auf der Erde anwendbar wäre. Innerhalb eines Jahres wären wir in der Lage, einen Prototyp zu erstehen und Gebäude auf der Erde zu bauen.
Und was zeigten die Sieger?
Sie haben gewonnen, weil ihre Idee die originellste war: sie druckten aus erfrorenem Marswasser. Sie errichteten einen Eispalast, ein Eishabitat. Auf der Erde ist es nicht durchführbar, außer in der Antarktis. Es war der innovativste Umgang mit dem Thema, obwohl sie sicherlich mit dem Hintergedanken gearbeitet hatten, dass diese Technologie auf der Erde nicht überall einsetzbar ist. Sie haben jedoch alles auf eine Karte gesetzt. Auf diese Weise konnten sie gegen Teams wie Foster und Partner, oder die Mannschaft der Europäischen Weltraumorganisation gewinnen. Wir haben einen Platz gleich hinter ihnen belegt, es ist jedoch die beste Gesellschaft, zu der wir nun gehören. Wir können sagen, wir gehören in Bezug auf die Weltraumarchitektur zur Weltspitze.
Was bedeuten diese Wettbewerbe für die NASA? Suchen die Amerikaner auf diese Weise Menschen mit großem Potential, mit Ideen und Ehrgeiz, deren Lösungen den Ausgangspunkt für Arbeit an Verfahren bilden können, die sich in 10-15 Jahren während der Mission auf den Mars anwenden lassen?
Szymon: Obwohl wir nicht gewonnen haben, wird vielleicht in einigen Jahren jemand mit einem Angebot für Zusammenarbeit anrufen. Wir müssen bereit sein, sich der Herausforderung zu stellen. Leszek: Während dieser Veranstaltungen unterhalten wir uns mit vielen Menschen, besprechen unsere Ideen. Es sind sehr intensive Treffen, wir verteilen Dutzende von Visitenkarten. Es stimmt, einerseits wird die NASA von unseren Ideen profitieren. Andererseits erwartet sie auch, dass wir unsere Lösung weiterentwickeln. Die Wettbewerbsetappe in New York umfasste die Vorstellung der Technologie und Architektur. Die NASA hätte es gerne, dass wir Investoren finden, einen Prototyp bauen und ihn auf der Erde drucken. Auf diese Weise gewinnen wir die nächste Wettbewerbsetappe, für die man z.B. zwei Millionen Dollars bekommen kann. Wir würden dann ein fertiges Produkt und das Verfahren haben und die NASA eine bewahrte Lösung. Szymon: Man muss dabei denken, wie radikal sich die Raumfahrtindustrie von jeder anderen Branche unterscheidet. Die Automobilbrache ist so mächtig, dass sie sich bestimmte Personen auswählen kann. Unsere Gesellschaft ist viel kleiner, erfordert viel Zeit und Arbeit, um sich in das Thema einzuarbeiten, mit dem wir uns beschäftigen, wenn man jedoch schon in der Gesellschaft verwurzelt ist, kann man viel von ihr nutzen.
In Polen gibt es nur eine Handvoll Menschen, die für die Raumfahrtindustrie arbeiten, die internationale Zusammenarbeit erscheint somit unentbehrlich.
Szymon: Natürlich wird Polen niemals über eine Flotte von Space Shuttles verfügen. Auf der Etappe, auf der wir heute sind, können wir verstehen, wie diese Industrie funktioniert, sich auf einen engen Bereich spezialisieren. So tut übrigens auch die Polnische Akademie der Wissenschaften, wo Raumsonden für die Missionen gebaut werden. Sie haben ihre Nische gefunden und produzieren heute die besten Penetratoren. Der zweite Zweig dieser Industrie umfasst theoretische Arbeiten, Konzepte der Mission. Ihr Element bilden zum Beispiel Wettbewerbe, an denen wir teilgenommen haben. Wenn jemand gute Konzeptarbeiten vorstellt, hat er die Chance, dass sich eine Weltraumorganisation bei ihm wegen der Zusammenarbeit meldet. Im Wettbewerb, an dem wir gerade teilnehmen, arbeiten wir mit Leuten aus den USA, Japan, Italien und Großbritannien zusammen. Das war die Bedingung, dass zum Team Menschen aus mindestens zwei Kontinenten gehören. Leszek: Polen bezahlt für die Teilnahme an der Europäischen Weltraumorganisation 40 Mio. Euro. Dieses Geld sollte jedes Jahr nach Polen zurückkehren, in Form von Projekten, Finanzierung unterschiedlicher Vorhaben und Entwicklung des Raumfahrtsektors. Leider wird es heute von ausländischen Firmen benutzt, die in Polen ihre Vertretungen haben. Bei der Investition in die Raumfahrtindustrie handelt es sich nicht um teure Spielchen hochentwickelter Staaten. Das zahlt sich aus. Und ist im Alltag nützlich. Wir benutzen täglich GPS, Mobiltelefone, Teflon beschichtete Pfannen oder sogar Klettverschluss an den Schuhen. Das sind Lösungen, die ursprünglich von Teilnehmern der Raumfahrtmissionen benutzt wurden.
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Wann wurde aus der Beschäftigung von jungen Menschen und Studenten bzw. aus der Leidenschaft eine ernste Arbeit?
Szymon: Jeder von uns interessierte sich schon viel früher für den Weltall und für die Raumforschung. Allerdings zu dem Zeitpunkt, als wir unser erstes Projekt "Inspiration Mars" begonnen haben, war es schon ernst. Leszek: Als wir das Finale von "Inspiration Mars" erreichten, mussten wir das Geld für die Reise beschaffen, unternehmerisch tätig werden. Und als wir dann zur NASA kamen, sahen wir die Forschungszentren, von denen wir so beeindruckt waren, dass wir beschlossen, wir möchten das weiter machen, zu einem Teil dieser Welt werden. Das war für uns ein echter Tritt. In der näheren Zukunft haben wir nicht vor, langsamer zu werden.
Ist Space Is More ein Ort, der den Mitgliedern des Teams leichter machen soll, Arbeit bei einer der großen Weltraumorganisationen zu finden?
Szymon: Natürlich, es klingt doch ausgezeichnet, für die NASA zu arbeiten, für uns wäre es jedoch besser, auf eigene Rechnung in Zusammenarbeit mit einer Weltraumorganisation tätig zu sein. Dann können wir weiterhin das machen, was wir bisher gemacht haben, ohne auf die Verdienste von Space Is More zu verzichten. Für uns ist das Team kein Sprungbrett für weitere Karriere, für guten Job. Wir möchten die Marke Space Is More entwickeln. Leszek: Wir haben unsere Marke und heute ist es für uns leichter, Geld für die Vorbereitung der Projekte zu bekommen. Unterstützt werden wir auch von der Technischen Hochschule Wroclaw und von der Stadt Wroclaw. Wir haben Beziehungen zu konkreten Firmen, die über Zusammenarbeit mit uns zufrieden sind. Die Zusammenarbeit mit den Weltraumorganisationen läuft uns nicht davon.