Fotoreporter, Fernsehteams aus der ganzen Welt und der rote Teppich. Über ihn werden Anfang Dezember 2016 berühme Schauspieler, exzellente Regisseure und Persönlichkeiten des europäischen Kinos schreiten. All das anlässlich der Europäischen Filmpreise, des sog. europäischen Oscars, der in zwei Jahren hier in Breslau verliehen wird. Es wird eines der wichtigsten Events im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt 2016. – Ich bin sehr glücklich, dass sich die Magie der silbernen Leinwand so fest in unsere geliebte Stadt, die über eine große Filmtradition verfügt, einprägen wird – betont der Präsident Rafał Dutkiewicz.
Wie macht man Filmlobby
Bei der Gelegenheit verrät er, wie die Gespräche über den Europäischen Filmpreis in Breslau verlaufen sind. Zuerst hat Jerzy Kapuściński, Direktor des zweiten Fernsehprogramms (pl. "dwójka") den Präsidenten der Stadt Breslau überredet, mit Wim Wenders, Regisseur und langjährigem Präsidenten der Europäischen Filmakademie (ihre Mitglieder verleihen die Preise) zu sprechen. Wenders wiederum war der Meinung, man sollte sich mit Marion Döring, Direktorin der EFA in Verbindung setzen; dann hat Frau Döring selbst vorgeschlagen, Kontakt mit Agnieszka Odorowicz, Direktorin des Polnischen Institut für Filmkunst aufzunehmen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit geäußert. Eine Lobbyarbeit haben schließlich auch die polnischen Regisseure - Agnieszka Holland (Vorsitzende der Kommission der Europäischen Filmakademie) und Krzysztof Zanussi (Kommissionsmitglied der EFA) betrieben.
Direktorin der EFA ist beeindruckt
Noch vor einem Jahr hat Marion Döring auf die Frage, ob die Gala der Preisverleihung im Jahr 2016 in Breslau ausgetragen wird, diplomatisch geantwortet "Wir warten es ab, wir werden es sehen". Auf der Konferenz im Rathaus bestätigte sie, dass die Verhandlungen schon damals fortgeschritten waren, sie konnte allerdings noch nichts verraten. Die Chefin der EFA besuchte Breslau zwei Mal und war begeistert. – Ich habe vom Anfang an eine wunderbare Energie gespürt, die diese Stadt ausstrahlt und gesehen, dass Ihr einen Präsidenten mit einer echten Leidenschaft habt. Damals haben wir uns entschieden – das ist der Platz, an dem wir uns im Jahr 2016 treffen werden - überzeugt Marion Döring. – Für uns ist Breslau eine unglaublich junge, lebendige Stadt und wir sind überzeugt, dass sie im Jahr 2016 nicht nur die Europäische Kulturhauptstadt sein wird, sondern auch die europäische Kinohauptstadt – die Chefin der Europäischen Filmakademie hat keine Zweifel.
Ein Spezialkonzert von Zbigniew Preisner
Kurz vor dem Beginn der Veranstaltung zur Verleihung der europäischen Oscars findet ein Konzert der Filmmusik von Zbigniew Preisner statt, die der Komponist für die Filme von Krzysztof Kieślowski entworfen hat. – Ich gebe ein Konzert, das ihm gewidmet ist, möchte gleichzeitig auch ein anderes Projekt verwirklichen, mit acht Liebesliedern in verschiedenen Sprachen, die von Interpretern aus unterschiedlichen Ländern aufgeführt werden – kündigt der Komponist an. – Ich möchte, dass aus Breslau ein Signal gesendet wird, dass das einzige, was uns bleibt, die Liebe ist, alles andere ist unwichtig – überzeugt Zbigniew Preisner.
Der erste Preis für Krzysztof Kieślowski
Die Europäischen Filmpreise wurden zum ersten Mal im Jahr 1988 vergeben, die Felix-Statuette (heute hat sie keinen Namen) für das beste Film hat damals Krzysztof Kieślowski für seinen "Kurzen Film über das Töten" erhalten. Er sagte damals: "Ich hoffe, dass Polen zu Europa gehört". – Er erinnerte daran, dass es hinter dem eisernen Vorhang keine Steppen gibt, dort ist es auch Europa - bemerkt Krzysztof Zanussi. Der polnische Regisseur war Mitglied der Jury, als eine heiße Diskussion stattgefunden hat, ob der Preis an den "Letzten Kaiser" von Bernardo Bertolucci oder an den "Kurzen Film über das Töten" von Krzysztof Kieślowski vergeben werden soll. – Entscheidend wurde damals die Aussage, der Film von Krzysztof Kieślowski vermittle eine Atmosphäre, die nirgendwo sonst zu finden ist, denn so kann kein asiatischer Film oder das Hollywoodkino sein und nur in Europa kann ein ähnlicher Film entstehen – erinnert sich Krzysztof Zanussi. – Unser Konzept des Europäischen Filmpreises war in der Tat europäisch, weil wir auch Länder jenseits der Berliner Mauer mitberücksichtigt haben – bemerkt Volker Hassemer, Schöpfer des Europäischen Filmpreises.
Große Stars ausgezeichnet
Bisher wurden die Preise in rund einem Dutzend Kategorien verliehen, u.a. an die Schauspielerinnen Juliette Binoche, Björk, Penélope Cruz, Helen Mirren, Kate Winslet, die Schauspieler Roberto Benigni, Ralph Fiennes, Javier Bardem, oder Ewan McGregor, Regisseure Ken Loach, Lars von Trier, Pedro Almodóvar.
Die Galas der Preisverleihung finden in Berlin statt (in ungeraden Jahren), jedes zweite Jahr wiederum in einer wichtigen europäischen Metropole (bisher u.a. in London, Rom, Paris, Barcelona, Kopenhagen). – Es gibt nicht viele Zeremonien dieser Art, wie die Verleihung des Europäischen Filmpreises, bei denen die Menschen so deutlich betonen, wie wichtig es ist, Europäer zu sein – überzeugt Marion Döring. Die Gala wird nicht nur für die Persönlichkeiten der Filmwelt wichtig, sondern auch für die Breslauer. Alle Details wird Roman Gutek kennen, Kurator der Europäischen Kulturhauptstadt 2016 für den Bereich Film, der sich schon seit einigen Jahren dafür eingesetzt hat, dass der Abend der Verleihung der Europäischen Filmpreise in Breslau stattfindet. Er erinnerte auch daran, dass im Mai die Besucher von 16 Kinos in Europa (darunter auch des Kino Nowe Horyzonty) einen Film wählen werden, der mit dem Preis des Jungen Publikums (verliehen von der Europäischen Filmakademie) ausgezeichnet werden soll. Er betonte außerdem, dass Breslau über eine ausgezeichnete Filmtradition verfügt- Hier entstanden fast 500 Filme, 1/3 des gesamten Schaffens der polnischen Kinematografie, bei uns arbeiteten die berühmtesten Filmemacher wie Andrzej Wajda, Krzysztof Zanussi oder Agnieszka Holland - betont Roman Gutek.
Magdalena Talik
- Brief Wim Wenders an den Präsidenten Rafał Dutkiewicz
Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Freunde (und Nachbarn!)
Ich bin sehr glücklich, dass der Europäische Filmpreis nach zehn Jahren nach Polen zurückkehrt. Es hätte keine bessere Gelegenheit geben können als das Jahr 2016 und keinen besseren Ort als Breslau, eine lebendige Europäische Kulturhauptstadt mit ihren enthusiastischen Einwohnern!
Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, dass der Europäische Filmpreis im Jahr 1988 entstanden ist, als Berlin die Ehre hatte, Europäische Kulturhauptstadt zu sein. In damaliger Zeit, am Vortag der ersten Zeremonie der Preisverleihung, hat der Kreis der Filmschaffenden festgestellt, es sei die beste Zeit, in Europa eine Filmakademie ins Leben zu berufen. Diese Idee wurde so enthusiastisch aufgenommen, dass schon einige Monate drauf unser Traum zur Wirklichkeit geworden ist.
Das war genau vor 25 Jahren: am 1. April 1989 haben wir uns erneut versammelt und die Europäische Filmakademie gegründet. Heute ernennen wir also nicht nur die Stadt Breslau zum Gastgeber der 29. Staffel des Europäischen Filmpreises sondern wir feiern gleichzeitig das 25. Jubiläum unserer Akademie!
Herr Präsident, von den Mitgliedern unserer Kommission weiß ich, dass Sie ein großer Animateur und Chordirigent sind.
Da mich meine Pflichten im Zusammenhang mit der Produktion von zwei Filmen leider daran gehindert haben, heute bei Ihnen zu sein, bitte ich Sie, in meinem Namen ein feierliches "Hoch soll er leben!" anzustimmen!
Wim Wenders
Vorsitzender
- Brief an den Präsidenten Rafał Dutkiewicz von Agnieszka Holland
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen, Freunde und auch Du, Roman Gutek,
Ich bin traurig, dass ich heute nicht mit Euch zusammen sein kann, freue mich aber, dass gerade in Breslau das europäische Kino sein Fest feiern wird. Es ist der beste Ort; keine andere Stadt in Polen hat so viel für die europäische Kultur und das unabhängige Kino getan wie Breslau. Es ist ein Ort, an dem verstanden wird, dass Kultur nicht nur die größte Freude bereitet, sondern auch die größte Chance für die eigentliche Vereinigung Europas bildet. Ich glaube sehr tief daran. Ich glaube auch an das polnische Kino, das sich nach der Krisenzeit der Wende dynamisch wiederzuentwickeln begann und das zugleich ein Beweis ist, dass man auch heute ein Massenpublikum in die Kinos anziehen kann, wenn man von wirklich wichtigen Dingen spricht. Die Aufgabe der Europäischen Filmakademie ist es, dass die wichtigen nationalen Filme das europäische Publikum erreichen. Diesem Ziel dienen vor allem die Europäischen Filmpreise, die im Dezember 2016 zu Gast in Breslau sein werden.
Herzliche Grüße,
Agnieszka Holland
Vorsitzende der Kommission der Europäischen Filmakademie