Magdalena Talik: Magdalena Talik: Ich habe mir gerade überlegt, wie ich Sie begrüßen soll - Herr Louis Ortiz oder vielleicht doch lieber Herr Präsident?
Louis Ortiz: Wie Sie wollen. Sie können mich Bronx Obama nennen.
OK, Herr Bronx Obama. Wie ich nachgesehen habe, sind am 21. Oktober 6 Jahre vergangen, seit Sie das erste Mal im Jahr 2008 als Barack Obama aufgetreten sind. Wie hat sich seit dieser Zeit Ihr Leben geändert?
Louis Ortiz: Unglaublich! Bevor ich Barack Obama geworden bin, hatte ich weder einen Anzug noch schwarze Lederschuhe, selbst einen Pass hatte ich nicht. Und plötzlich reise ich um die Welt- Japan, Australien, Korea, und jetzt Polen. Das ist großartig! Von einem einfachen Kerl aus der New Yorker Bronx, der zuhause saß und arbeitslos war, zu einem, der durch die Weltgeschichte reist und einzigartige Menschen kennenlernt. Das ist für mich immer noch so surrealistisch, dass man kaum glauben kann.
Allerdings hat das Leben als Obamas Doppelgänger auch seine schwarzen Seiten. Im Film "Bronx Obama" schauen Sie in den Spiegel und sagen: "Das bin einfach ich. Das ist er und das bin ich". Wie lebt man das Leben eines Anderen?
Louis Ortiz: Etwas seltsam, aber auch gut. Wenn ich in den Anzug hineinschlüpfe, ist es so, als ob ich das Kostüm eines Superhelden anziehen würde.
Wie Batman oder Superman?
Louis Ortiz: Genau! Die Menschen drehen durch. Wenn ich ihn ausziehe, kann ich ganz einfach durch die Straßen gehen, wie Tausende andere normale Leute.
Louis Ortiz und begeisterte Touristen/Foto: Tomasz Walków
Sie sind auf der großen Leinwand noch vor dem Film "Bronx Obama" berühmt geworden. In der japanischen Produktion "Good Bye Dear President" spielten Sie Barack Obama. War das eine große oder eine kleine Rolle?
Louis Ortiz: Eine der kleineren, allerdings bedeutend. Außerdem war es mein Debüt auf der Leinwand, ein interessantes Abenteuer. Und überhaupt, Japan, Australien, Korea und jetzt Polen zu besuchen - großartig. Ich reise an solche Orte und spüre einen riesigen Unterschied. Dort, wo ich herkomme, wären jetzt die Straßen voll von Müll und die Menschen würden aggressiverer aussehen. Hier sieht alles viel friedlicher aus, alle lächeln öfters.
Vielleicht, weil sie Obama sehen?
Louis Ortiz: Ja, aber selbst wenn ich meine normalen Klamotten anhabe, ist hier alles anders als in Amerika.
Apropos Klamotten. Im Film sieht man, was Sie getragen haben, bevor Sie Obama wurden – Dreitagebart, Kapuzenshirt, Sportschuhe. Ist dieses jetzige elegante Outfit für Sie ein Problem?
Louis Ortiz: Weniger ein Problem, viel mehr eine Art Ergänzung der Rolle. Wenn ich normale Klamotten trage, kannst Du z.B. sehen, dass ich in der Nase bohre. Trage ich den Anzug, mache ich so was niemals. Barack Obama ist ein selbstbewusster Kerl, und ich, wenn ich den Anzug "betrete" werde ich ungezwungenermaßen auch selbstbewusster.
Barack Obama bleibt bis 2016 Präsident. Was werden Sie machen, wenn er seine Amtszeit beendet?
Louis Ortiz: Ich verrate Ihnen vorher ein Geheimnis. Hillary Clinton soll ab 2017 meinen Platz übernehmen. Was soll ich dann machen? Barack Obama ist eine Ikone, der erste dunkelhäutige Präsident in der Geschichte des Landes, ein Reformator. Wenn er seine Amtszeit beendet, wird er nicht verschwinden, sondern bleibt für lange Zeit im Interesse der Öffentlichkeit. Und wenn er bleibt, bleibe ich auch.
Wie sieht Ihr Alltag aus? Verfolgen Sie die News aus dem Weißen Haus?
Louis Ortiz: Jetzt aufgrund der Werbekampagne für den Film "Bronx Obama" ist mein Tag ziemlich chaotisch. Interviews, verschiedene Treffen, Empfänge.
Ein bisschen, wie der Terminkalender des Präsidenten.
Louis Ortiz: Fast, aber das ist doch surrealistisch. Wenn ich jetzt nach New York zurückkomme, werde ich nur einen Tag ausruhen und dann fliege ich wieder irgendwohin.
Leben Sie immer noch in der Bronx?
Louis Ortiz: Ja, aber woanders als früher. Zurzeit lebe ich aber meistens in der Luft, wegen der vielen Flüge, in Hotels und jetzt gerade für ein paar Tage in Polen.
Die Menschen fragen Sie nach Michelle und den Mädchen?
Louis Ortiz: Natürlich, und wenn die Frauen mir einen Kuss geben wollen, scherze ich, dass Michelle das nicht gefallen würde.
Louis Ortiz auf dem Breslauer Ring/Foto: Tomasz Walków
Und natürlich – das wohl Wichtigste: Haben Sie schon den Präsidenten Barack Obama getroffen?
Louis Ortiz: Noch nicht. Man hat mir jedoch berichtet, dass er schon 2008 über meine Existenz wusste. Vor einem Jahr begann er, mir auf Twitter zu folgen, das war natürlich einmalig. Zusammen mit Ryan Murdock, dem Regisseur von "Bronx Obama", waren wir im Weißen Haus, im Ostflügel. Ich war mit Sicherheitspersonal unterwegs und sie sagten zu mir – mach doch irgendeine Tür auf, schaue nur hinein und sag „Hallo“. Wir machten das und alle in diesem Raum sind sofort aufgestanden. Ein Riesenspaß!
Für die Eröffnung des American Film Festivals haben Sie eine spezielle Rede vorbereitet. Machen Sie das immer?
Louis Ortiz: Ryan Murdock hat sie geschrieben und wenn die Veranstalter des Events mich bitten, eine Rede zu halten, trage ich sie vor. So ähnlich machte ich beim 60. Geburtstag von Michael Moore in Michigan. Es war super. Ich habe überhaupt sehr viele bekannte Menschen kennengelernt, viele Schauspielerinnen und Schauspieler. Ich bin auch stolz auf den Händedruck mit Dalai Lama. Alles deshalb, weil ich so verrückten Job habe.