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KHE 2016: „Die verfolgte Kunst” im Städtischen Museum [FOTOS, VIDEO]

Den jüdischen Künstlern, die in der Zwischenkriegszeit des letzten Jahrhunderts tätig waren, ist die neuste Ausstellung "Die verfolgte Kunst" im Museum der Stadt Wroclaw im Königsschloss gewidmet. Die Zentralfigur der Ausstellung ist der Maler, Grafiker und Architekt Heinrich Tischler, ein Schüler des Architekten Hans Pelzigs und des Malers Otto Müllers.

- „Es sind nur wenige Werke der jüdischen Künstler erhalten geblieben, die in der schweren Zeit am Anfang des vergangenen Jahrhunderts tätig waren“ - sagt Dr. Maciej Łagiewski, Direktor des Museums der Stadt Wroclaw. – „Speziell in Wroclaw war dabei Heinrich Tischler tätig, ein Maler, Architekt, Designer und Grafiker. Es lässt sich schwer genau bestimmen, für wen er sich selbst eigentlich hielt, denn jedes Jahr erscheint er im Adressbuch unter einem anderen Namen.

Die Ausstellung "Die verfolgte Kunst. Heinrich Tischler und sein Umfeld in Wroclaw" ist die polenweit erste Vorführung der Werke jüdischer Künstler in Wroclaw der Zwischenkriegszeit. Die Arbeiten stammen aus den Beständen des Schlesischen Museums in Görlitz. Neben Tischlers Werken sehen wir dort auch Arbeiten von Isidor Aschheim, Käte Ephraim-Marcus, Emmi Pick, Jechiel Schulsinger.

- „Heinrich Tischler war eine außergewöhnliche Persönlichkeit“ - bemerkt Dr. Łagiewski. – „Er studierte an der Akademie für Schöne Künste in Wroclaw, sein Studium wurde allerdings durch den 1. Weltkrieg unterbrochen. Die Reflexionen und Traumata dieser Erfahrungen spiegelten sich in seinen Werken wider“ – fügt er hinzu. – „Nach dem Krieg ist er sehr aktiv geworden, eben als Grafiker, Architekt und Maler. Er starb im Jahre 1938 infolge einer Entzündung nach einmonatiger Inhaftierung im KZ Buchenwald. Tischlers Gattin Else konnte seine Werke retten, als sie mit ihren Söhnen nach London floh. Auf diese Weise ist der Großteil seiner Bilder, anders als bei den meisten jüdischen Künstlern, erhalten geblieben.

In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde die Verfolgung der jüdischen Künstler in Deutschland zunehmend stärker. Sie wurden von der Reichskunstkammer ausgeschlossen und ihre Werke zu "entarteter Kunst" erklärt. Die Arbeiten wurden aus den öffentlichen Museen entfernt und in den Ateliers zerstört. Die meisten Werke gelten heute als verschollen und über das Leben und Schaffen vieler Künstler ist bisher wenig bekannt.

- „Die Autorin dieser Ausstellung Dr. Johanna Brade arbeitete viele Jahre an einem Katalog, der zu einer monografischen Abhandlung über das Thema der jüdischen Künstler wurde, zu einem Werk, das sie wieder in Erinnerung ruft“ - sagt Dr. Łagiewski.

Tischler und die Anderen

In der Ausstellung sehen wir Bilder, Lithografien, Zeichnungen und Gouachen von Tischler. Der Künstler kam 1892 in Kędzierzyn-Koźle (Cosel) zur Welt. 1910 begann er sein Studium an der Königlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule in Wroclaw. Während des 1. Weltkriegs diente er als Soldat. Seine ersten Erfolge als Künstler feierte er bereits in den 20. Jahren des 20. Jh., stellte dabei seine Werke in Berlin, u.a. auf den Ausstellungen der Freien Secession aus. 1925 eröffnete er gemeinsam mit Isidor Aschheim eine Malerschule in Wroclaw, ein Jahr später wurde er zunehmend als Architekt tätig.

Er entwarf u.a. die Innenausstattung für das Kaufhaus Petersdorff in Wroclaw (heute Kameleon), wie auch viele Schaufensterdekorationen und private Innenräume. Die prachtvollen modernistischen Innenräume Tischlers kann man auf Fotos bewundern, die auf dem Bildschirm vorgeführt werden. Sie gehören zu den interessantesten Elementen dieser Ausstellung.

Tischler war seit 1930 Mitglied im Deutschen Werkbund, der eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Idee der modernistischen Architektur mitspielte. 1931 stellte er zum letzten Mal seine Arbeiten im Rahmen einer individuellen Ausstellung in Wroclaw aus. Bald darauf wurde er aus der Mitgliederliste der Reichskammer der bildenden Künste gestrichen.

1936 führte er seinen letzten Bauauftrag aus, war gleichzeitig als Zeichnungslehrer tätig. Kurz nach der "Reichskristallnacht" am 11. November 1938 wurde er verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald eingesperrt. Auf Bemühungen der Familie wurde er einen Monat später freigelassen, jedoch infolge von Verletzungen, die er während der Inhaftierung erlitten hatte und der Erschöpfung verstarb er am 16. Dezember 1938 in Wroclaw. Er wurde auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der ul. Lotnicza beigesetzt.

Ein Portrait Wroclaws

In den Werken Heinrich Tischlers spiegelt sich – ähnlich wie im Falle seiner ganzen Generation – die traumatische Erfahrung des 1. Weltkriegs wider. Die Künstler wendeten sich zum ausdruckstarken Expressionismus hin, waren dabei auch den modernen Kunstströmungen nicht abgeneigt. Deutlich erkennbar sind in ihren Werken die Einflüsse der modernen französischen Malerei oder der als die „Neue Sachlichkeit“ bezeichneten Strömung. Sie malten Landschaften, Akte, Straßenszenen, Selbstbildnisse und Portraits ihrer Angehörigen.

Tischler selbst skizzierte auch gerne Physiognomien und Genreszenen. Besonders interessant war für ihn das Leben in den Straßen Wroclaws. In seinen Bildern sehen wir Kutscher, Dienstmädchen, Handwerker, Arbeiter, Hausierer und Einwanderer aus Osteuropa. Der Künstler schuf auf diese Weise ein geheimnisvolles und zugleich charakteristisches Portrait Wroclaws – eines Ortes, an dem sich die Welten des Ostens und des Westens miteinander kreuzten.

Im Laufe der Zeit spiegelten sich in seinen Werken bzw. in den Arbeiten seiner Zeitgenossen immer stärker die Existenzsorgen der Künstler jüdischer Herkunft der Zwischenzeit wider, die damals zu Opfern der politischen und künstlerischen Diktatur geworden sind. Die expressiven und in ihrem Ausdruck dramatischen Grafiken und Gemälde veranschaulichen ihre innere Furcht und Zukunftsängste. Als Zeichen des Protests gegenüber der Politik des Dritten Reiches stilisierte der Künstler seine Initiale zu Buchstaben des jüdischen Alphabets, um auf diese Weise seine jüdische Herkunft und die Verbundenheit mit anderen verfolgten Künstlern zu betonen.

Die Ausstellung ist vom 20. März bis zum 31. Juli 2016 geöffnet. Die Tickets für die Ausstellung kosten: normal 15 PLN, ermäßigt 10 PLN.

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