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Jazz in Polish Cinema - geniale Plattensammlung mit Filmmusik

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Krzysztof Komeda, Andrzej Trzaskowski und die Musik, die sie einst für die polnischen Kultfilme komponieren und aufnahmen - u.a. für "Nóż w wodzie" ("Messer im Wasser") von Polański, "Niewinni czarodzieje" ("Die unschuldigen Zauberer") von Wajda, oder "Pociąg" ("Nachtzug") von Kawalerowicz ist seit Kurzem auf vier Platten erhältlich. An der Vorbereitung des Projekts beteiligte sich die Jazzjournalistin Monika Okrój.

Magdalena Talik: Wie kam es dazu, dass eine Breslauer Jazzjournalistin bei der Vorbereitung einer Serie aus vier Platten "Jazz in Polish Cinema" mitmacht, über die es gerade in London viel gesprochen wird?

Monika Okrój: Beginnen wir mit dem Autor dieses Projekts, denn Selwyn Harris ist der Hauptideengeber. Seit 17 Jahren schreibt er für die englische Zeitschrift "Jazzwise" und übernahm dort die Leitung der Rubrik "Jazz on Film". Er publizierte dort zyklische Essays, in denen er die freie Analyse der Musik und mit der Charakteristik ausgewählter Filme verband. Nach einiger Zeit kam er auf die Idee, die Musik, über die er schreibt, in Form von speziellen Sammlungen zu veröffentlichen. Bisher sind drei Teile erschienen - "Film Noir", "Beat, Square & Cool" und "French New Wave". "Jazz in Polish Cinema" ist der vierte davon. Ich lernte Selwyn Harris vor zwei Jahren bei einem Jazzfestival in Norwegen kennen, vielleicht tauschten wir sogar einige Worte über den polnischen Film aus, aber erst ein Jahr später, nachdem er das Potential der polnischen Filmmusik ausreichend untersucht hatte, lud er mich zur Zusammenarbeit ein.

Monika Okrój mit Trompeter Andrzej "Idon" Wojciechowski (links), der mit Krzysztof Komeda und Paweł Brodowski (rechts), dem Chefredaktor von "Jazz Forum" spielte/Foto Privatarchiv

Magdalena Talik: Woher kommt bei Harris die Begeisterung für das polnische Kino?

Monika Okrój: Das ist nicht unbedingt ein Zufall, denn die Großmutter von Selwyn hatte polnisch-ukrainische Wurzeln, er empfindet deshalb ein gewisses Sentiment für Polen. Es ist außerdem seine tiefgründige Forschungsnatur, denn es begann mit dem "Nóż w wodzie" ("Messer im Wasser") von Polański, dann gab es die Polański-Filme - "Dwaj ludzie z szafą" ("Zwei Männer und ein Schrank"), "Nóż w wodzie" ("Messer im Wasser"), "Niewinni czarodzieje" („Die unschuldigen Zauberer“) von Wajda und "Pociąg" („Der Nachtzug“) von Kawalerowicz. Darüber haben wir gesprochen - diese galten für den Verlag als bombensicher. Entscheidend für die Gestaltung der Plattensammlung war es jedoch, Musik zu finden, die stricte als Jazz gilt, denn z.B. der Film "Bariera" („Barriere“) von Skolimowski, zwar mit Soundtrack von Komeda ausgestattet, war dennoch überhaupt nicht geeignet.

Magdalena Talik: Wie viele Personen haben diese Box mit polnischer Musik mitgestaltet?

Monika Okrój: Nur wir beide, ich lieferte am Anfang die Ideen und kontaktierte Menschen, die etwas mehr Ahnung über diese Themen haben, wie z.B. Tomasz Lach, der Sohn von Zosia Komeda und Jazzmusiker, aber auch die Filmspezialisten. In dieser Hinsicht war diese Zeit eine der interessantesten in meinem Leben. Ich habe mir viel angeschaut und ständig Überraschungen erlebt, weil diese polnischen Streifen aus den Jahren 1958-1967 wirklich einzigartig sind. Geholfen hat uns bei diesem Projekt die Nationale Filmothek, die für Selwyn die englischen Untertitel zur Verfügung stellte, zahlreiche wertvolle Ratschläge bekamen wir von den Mitarbeitern des Archivs in Łódz und des Studios für Dokumentar- und Spielfilme, sowie aus dem Filmstudio KADR, das die Rechte an den meisten polnischen Filmen aus dieser Zeit besitzt. Außerdem bekamen wir Unterstützung vom Institut für Polnische Kultur in London, mit der Betonung, dass man eine Arbeit, die auch aus Leidenschaft und nicht nur zu Verkaufszwecken gemacht wird, zu schätzen weiß.

Magdalena Talik: Es ist eine britische Publikation, die allerdings weltweit vertreiben wird, denn Sie verkaufen die Box über amazon.com. Wie viele Exemplare hat die Auflage?

Monika Okrój: 1000 Stück und wir wissen inzwischen, dass das Interesse viel größer sein kann als bei den bisherigen, von Selwyn herausgegebenen Platten. Der Grund? Viele Aufnahmen, die auf "Jazz in Polish Cinema" zu finden sind, gelten als echte Schätze

Magdalena Talik: Was ist das wirklich Einzigartige bei diesen Platten?

Monika Okrój: Noch niemals wurden in voller Länge die Soundtracks für "Pociąg" („Der Nachtzug“) von Kawalerowicz, "Kraksa" („Der Unfall“) von Etler, "Jazz Camping" von Rybczyński bzw. für einen Teil von "Walkower" ("Walkover") von Skolimowski veröffentlicht. Einige Themen können wirklich süchtig machen. Vor allem die Songs.

Magdalena Talik: Ich singe mir immer noch diesen aus „Die unschuldigen Zauberer“ von Wajda vor - "Była pogoda, piękna pogoda, nad stawem wisiał głów naszych cień" („ Das Wetter war so schön, so schön, der Schatten unserer Köpfe hing über den Teich“)

Monika Okrój: In der Tat, ein großartiger Song, der von Sława Przybylska gesungen wird. – Er ist noch niemals veröffentlicht worden, ebenso wie das Lied "I wciąż się na coś czeka" („Und man wartet immer auf irgendwas“), gesungen von Kalina Jędrusik im Film "Jutro premiera" („Morgen: Premiere“). Es wurde schon einmal veröffentlicht, allerdings in der schnelleren Orchesterversion. In der originellen Filmversion, die auf der Platte zu finden ist, wird Kalina von Jurandot persönlich am Klavier begleitet. Das ist ein Feeling. Ich habe mit den Erben des Textautors Jerzy Jurandot gesprochen und mit viel Mühe ist es uns gelungen, das aus dem Archiv zu holen. Es gibt mehrere von diesen Frauenmotiven auf dieser Platte zu finden.

Magdalena Talik: Zum Beispiel die unvergessliche Vokalise aus dem "Nachtzug" von Kawalerowicz, gesungen von Wanda Warska.

Monika Okrój: Die Geschichte dieser Vokalise erzählte mir Wanda selbst. Offenbar hatte Jerzy Kawalerowicz zuerst vor, einfach einen fahrenden Zug wiederzugeben, die Musiker bemühten sich also, so gut wie möglich das Rattern der Räder, das Pfeifen etc. zu zeigen. Sie spielten und versuchten, es gefiel ihm aber nicht. Am nächsten Morgen während der Frühstückspause setzte sich Warska an das Klavier und begann für sich zu singen. Die Melodie, die wir heute aus dem Film kennen, bereitete sie damals noch für den Auftritt bei Jazz Jamboree vor. Kawalerowicz hörte sie und war buchstäblich aus dem Häuschen: "Ja, das ist es!" – schrie er. Der Komponist Andrzej Trzaskowski arrangierte es sofort, vergaß aber zu fragen, ob dieses Stück überhaupt einen Autor habe. Sie nahmen einen ganzen Soundtrack mit demselben Motiv auf, arrangiert in verschiedenen Variationen. Und stellte sich schließlich heraus, dies sei das "Moonray" des berühmten Jazzmanns Artie Shaw, dem es dann auch zu Ohren gekommen war, das in irgendeinem Film sein Werk verwendet wurde. Man musste also alle Platten zurückziehen und die Credits korrigieren.

Foto von Tadeusz Łomnicki aus dem Film "Die unschuldigen Zauberer" von Andrzej Wajda – eine Seite im Booklet der Box

Magdalena Talik: Ich suchte in der Plattenbeschreibung nach Interpreten und fand den jungen Tomasz Stańko und den Schauspieler Tadeusz Łomnicki am Schlagzeug in "Die unschuldigen Zauberer". Ich dachte immer, er habe da nicht wirklich gespielt.

Monika Okrój: Doch, seine Partie im Film ist echt, denn dafür nahm er sogar eine Zeitlang Schlagzeugunterricht. Die Figur von Bazyli im Film ist fast eine Abbildung von Krzysztof Komeda: beide sind Ärzte, die sich in ihrer Freizeit der Musik widmen. Łomnicki färbte sogar seine Haare blond, lieh sich Kleidungstücke von Komeda, um sich besser der Rolle anzupassen.

Magdalena Talik: Zurück zu den Jazzmusikern. In der musikalischen Besatzung habt Ihr fast alle "wieder entdeckt". Es gibt Komeda, Trzaskowski, Stańko, Wróblewski, Namysłowski, Urbaniak

Monika Okrój: Es war manchmal ein Ratespiel. Die Identifizierung gelang uns dank der Hilfe der Saxofonisten Zbigniew Namysłowski und Jan "Ptaszyn" Wróblewski. Viele der im Booklet genannten Musiker, die zwar beruflich nicht mehr aktiv sind, sind immer noch erreichbar und man kann glücklicherweise von ihnen diese außergewöhnlichen Geschichten erfahren. Damals hat man sich nicht allzu sehr um die Beschreibung der Bandmitglieder bemüht, auch nicht um die Autorenrechte. Die Anwesenheit der Musiker bei der Aufnahme kann man nur vermuten, und dass Komeda damals mit seinem Quintett spielte, bedeutet nicht automatisch, dass er mit ihm auch die Aufnahmen machte. Es gab deshalb Probleme zum Beispiel mit dem Soundtrack für "Die unschuldigen Zauberer" bzw. mit "Nachtzug" mit der Musik von Trzaskowski. Die Musiker wurden oft nach "Zufallsprinzip" genommen. Die einzig bekannte Besatzung war die im Film "Start" von Skolimowski, wo neben Komeda nur ausländische Künstler auftreten, z.B. Don Cherry. Es ist übrigens der einzige Film, für den uns keine Originalaufnahmen zur Verfügung standen, denn – wie es sich nach langwierigen Kontaktversuchen mit dem Produzenten herausstellte – die Archive sind wohl verschollen.

Magdalena Talik: Der Ton auf den Platten ist fantastisch.

Monika Okrój: Selwyn arbeitet mit Ingenieur Peter Beckmann zusammen, der unglaublich pedantisch ist, bei der Reinigung der Materialien aus den über 50 Jahre hinweg gesammelten Spuren legt er sehr großen Wert darauf, dass die Töne ihren originellen Klang beibehalten und nicht allzu steril erscheinen.

Magdalena Talik: Auf diese Weise bekommen wir einen Hauch dieser Jahre zu spüren, die manchmal richtige bunte Vögel angesichts der damaligen sozialistischen Realität waren.

Monika Okrój: Man siehr es vor allem im Film "Jazz camping" von Bogusław Rybczyński. Es ist ein Kurzdokument mit Erzählung, durch die man erst erfährt, was dort wirklich passiert. Der Film veranschaulicht eines aus zwei Musikertreffen, die 1959 und 1960 in einer heruntergekommenen Anlage auf der Bergwiese Kalatówki bei Zakopane veranstaltet wurden. Die Musiker bekamen die Freiheit und den Jazz zu spüren, sie feierten, spielten, genossen den Winter. Es gab Saufereien und alle Formen der Expression waren erlaubt. Es kam die ganze künstlerische Welt zusammen – Musiker, Schauspieler, Regisseure. Polański unterhielt die Gesellschaft mit Rezitation, während andere in Pyjamas tanzten. Leider musste man auf weitere Treffen verzichtet, denn ihre Vorbereitung war mit viel Arbeit verbunden und die zufällig entstandenen Schäden für Unmut der Einheimischen sorgten. Es kam außerdem vor, dass diese Partys von regimekonformen Journalisten aufgesucht wurden, die sich dann über die Orgien, Raufereien und Saufgelagen ausließen.

Szene aus dem Film "Messer im Wasser" von Roman Polański – Foto aus dem Booklet der Box "Jazz in Polish Cinema"

Magdalena Talik: Was verbinden ausländische Journalisten mit Jazz im polnischen Kino?

Monika Okrój: Bemerkt wird er meistens dank Komeda und Stańko, vielleicht ein bisschen durch Namysłowski. Die Rezensionen über die Publikation sind bisher außergewöhnlich positiv und überraschend. Die Menschen sind vor allem überrascht, wie lebendig diese Musik klingt, wie viel Energiepotential sie hat. "Das Messer im Wasser" lässt vor allem an das Quintett von Miles Davis denken, vor allem das Thema "Cherry" bringt die Stimmung der Platte "Kind of Blue" in Erinnerung, wie es scheint, die größten Erfolge der Musiker jenseits des Ozeans waren damals bei uns gut bekannt. Man merkt es, dass wir von den Meistern gelernt haben.

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