Eine Bestellung lohnt sich
Das ist schon die zweite Platte mit einem von Jazztopad bestellten Werk, die im angesehenen internationalen Studio erscheint, die Jazz fördert. Zuerst war das Album "Melodic Warrior" des Gitarristen Terje Rypdal für die deutsche ECM (mit dem Werk "And The Sky Was Coloured With Waterfalls And Angels" das der Künstler für das Festival in Wroclaw schrieb). Jetzt kommt die Platte "Wild Man Dance" von Charles Lloyd für die legendäre Blue Note mit der durch ihn komponierten sechsteiligen Suite für ein Jazzquartett, erweitert um die griechische Lyra und das ungarische Cembalo. Die Kritiker singen schon jetzt Loblieder. Bei der "New York Times" wird Lloyd gelobt, der mit einer außergewöhnlichen und schönen Komposition zurückkommt, während "The Times" auch auf die durch den Saxofonisten geleitete großartige junge Band und deren subtiles Spiel hindeutet. Auf der Cover von "Wild Man Dance" wird nicht nur aufgeführt, dass die Platte während des Jazztopad aufgenommen wurde, sondern auch persönliche Danksagung von Lloyd an Piotr Turkiewicz. Es ist für das Festival eine wertvollere Promotion als jede kommerzielle Werbung. Und zugleich ein Beweis, dass es sich lohnt, bei großen Künstlern zu bestellen, auch wenn es oft nicht leicht ist.
Geistesblitz auf dem Strand in Kalifornien
Charles Lloyd würde "Wild Man Dance" nicht schreiben, wenn es einen Spaziergang durch Wroclaw nicht gebe. Vor fünf Jahren spielte der Saxofonist hier mit seinem Quartett ein phänomenales (heute schon fast historisches) Konzert. Statt am nächsten Tag den Koffer zu packen, schaute er sich die Stadt an. – „Er fand sie sehr interessant“ - gibt Piotr Turkiewicz zu. Er schlug ihm vor, ein spezielles Werk für das 10. Jazztopad zu komponieren, jedoch Lloyd sagte nein. Der künstlerische Chef wollte nicht nachgeben. Er setzte sich mit der Ehefrau des Musikers in Verbindung, die nicht nur seine Lebensgefährtin ist, sondern auch Produzentin. Auch sie sah er eher negativ. Nach einer Weile erschien jedoch ein Licht im Tunnel. Turkiewicz wusste, dass Lloyd großartige Konzerte mit dem Griechen Sokratis Sinopoulos (Lyra) spielte und getrennt mit dem ungarischen Cembalospieler Miklos Lucaks. – „Ich schlug vor: "Und vielleicht ein Stück von Griechenlang und Ungarn einladen und eine spezielle Zusammensetzug zu schaffen?", worauf er eingesprungen war“ – freut sich der Chef von Jazztopad. Die Probleme kamen später. Monate vergingen und Lloyd hatte keine Eingebung. – „Er erzählte, dass im ganzen Haus in Kalifornien hatte er Zettel verstreut, die dann zwei Jahre auf dem Klavier lagen. Er konnte sich nicht dazu bringen“ - erzählt Piotr Turkiewicz. Der Durchbruch kam drei Monate vor dem geplanten Konzert in Wroclaw. – Er ging am Ozean spazieren, gute Geister stiegen zu ihm herab, er setzte sich hin und verfasste das Werk in wenigen Tagen“ – fügt er hinzu. Als im November 2013 Charles Lloyd nach Wroclaw kam und sich mit Piotr Turkiewicz an einen Tisch setzte, schüttelte er den Kopf und sagte: - „Ich weiß nicht, wie du das hingekriegt hast, dass ich es überhaupt geschrieben habe“ – lacht der Direktor von Jazztopad.
Kluge Werbung
Heute bekommt Piotr Turkiewicz Gratulationen aus der ganzen Welt, denn die Platte ausgezeichnete Kritiken hat, auch in den Medien ist es laut um sie geworden. Es gibt aber auch mehr Ideen für die Promotion von Jazztopad. Etwa das Konzert der polnischen Jazzmusiker (Quartett von Maciej Obara) im Juni in Jazz at Lincoln Center, einem angesehenen Musikzentrum in New York, das die amerikanische Folge des Festivals in Wroclaw nächstes Jahr ankündigen soll. Die polnischen Jazzmänner spielen auch in Kanada, wo nächstes Jahr Jazztopad ebenfalls seinen Vorposten haben möchte.
Jazztopad 2015 – vorerst nur das zweite Wochenende
Und inzwischen können sich die Fans auf das diesjährige Jazztopad vorbereiten. Vorerst wurden nur die Namen der Künstler für das zweite Festivalwochenende bekanntgegeben (27-29. November 2015), sie sind allerdings sowohl für die Liebhaber von Jazz, als auch die der World music von Interesse. Es gibt ein neues Stück für einen Chor und Orchester des schwedischen Kontrabassisten Anders Jormin, das einzige Europakonzert des Multiinstrumentalisten Anthony Braxton, polnisch-indische Gruppe Saagara mit dem Jazzmann Wacław Zimpel an der Spitze und zum Finale das Trio des Pianisten Abdullah Ibrahim.