Hochwasser von 1997 in Wrocław - die Lage von Tag zu Tag
Am 8. Juli 1997 erreichte die Hochwasserwelle Niederschlesien. An diesem Tag überflutete das Wasser das Gebiet von Kłodzko und brach nur wenige Tage später in Wrocław ein. Bevor es so weit kam, waren seit dem 4. Juli sintflutartige Regenfälle über Polen hinweggefegt.
In den Woiwodschaften Wałbrzych, Opole, Jelenia Góra und Katowice stiegen die Wasserpegel der Flüsse so stark an, dass die Alarmstufen überschritten wurden. Besonders schwierig war die Lage in der Woiwodschaft Opole, wo bereits am 6. Juli eine Hochwasserwarnung ausgegeben wurde.
Jahrtausendflut - Montag, 7. Juli 1997
In der Nacht vom 6. auf den 7. Juli wurde die Lage so gefährlich, dass in den Medien die ersten Hochwassertoten vermeldet wurden. Das Wasser überschwemmte alle umliegenden Dörfer in der Gegend von Kłodzko und drang dann in die Stadt ein. Die beiden größten Flüsse Polens - die Weichsel und die Oder - überschritten ihre Alarmwerte.
Die Lage wurde von Stunde zu Stunde schwieriger und gefährlicher, zu allem Überfluss stellte sich zudem heraus, dass die Ordnungsdienste auf die Flut nicht vorbereitet waren, so dass sich alle getroffenen Maßnahmen als unzureichend erwiesen.
Jahrtausendflut - Dienstag, 8. Juli
Der folgende Tag brachte noch mehr Schaden. Überflutet wurde Bardo, eine kleine historische Stadt am Fluss Nysa Kłodzka. Die Flutwelle zerstörte die Brücke, die die Stadt mit Kłodzko verbindet, weitere Städte und Dörfer wurden überflutet. Das Wasser überflutete auch den größten Teil von Kłodzko, die Lage wurde dabei von Stunde zu Stunde dramatischer, und die Menschen versuchten, ihr Leben zu retten.
Im Glatzer Kessel (Kotlina Kłodzka) stieg das Wasserpegel so stark an, dass die Bewohner evakuiert werden mussten. Der starke Anstieg des Wasserstands der Oder in der Ortschaft Trestno bei Wrocław hat in der gesamten Region Besorgnis ausgelöst. Vielerorts wurden die Ausrüstung und Lebensmittel knapp, außerdem waren einige überflutete Dörfer von der Kommunikation abgeschnitten.
Jahrtausendflut - Mittwoch, 9. Juli
Am frühen Mittwochmorgen überschwemmte das Wasser die Stadt Kędzierzyn Koźle und brach dann in Opole ein. In Wrocław wurde der höchste Hochwassernotstand ausgerufen, es wurden Bereitschaftsdienste von Hochwasserbrigaden organisiert.
Jahrtausendflut – Donnerstag, 10. Juli
Überflutet wurde die Autobahn, die Opole und Wrocław verbindet. Mit jeder Stunde, die verging, wurde die Lage immer dramatischer. Opole wurde überflutet und Wrocław bereitete sich auf den Kampf gegen die Flut vor. Lebensmittel verschwanden in rasantem Tempo aus den Regalen der Geschäfte, die Stadtbewohner kauften Mineralwasser, Kerzen, Taschenlampen und Batterien auf. Um die Stadt vor den Auswirkungen des Hochwassers zu schützen, beschloss das Hochwasserschutzkomitee der Woiwodschaft, die Hochwasserschutzdämme in den Dörfern Janowice, Jeszkowice und Łany bei Wrocław zu sprengen.
Die Bewohner dieser Ortschaften hatten nicht nur keinen Einfluss auf die Entscheidung der Behörden, sondern erfuhren davon erst aus der Presse. In Folge kam es zu einem Protest, der die Sprengung der Deiche verhindern sollte. Besonders bedroht waren die Gebiete Biskupin, Sępolno, Zalesie und der nordöstliche Teil von Wrocław. In der Stadt brach Panik aus, und die Bewohner versuchten, ihr Hab und Gut zu retten.
Jahrtausendflut - Freitag, 11. Juli
Einwohner von Łany bei Wrocław protestierten gegen die Sprengung der Dämme. Der Widerstand erwies sich als wirksam, und trotz der Bemühungen von Polizei und Militär gelang es der Bevölkerung, das Dorf vor der Überschwemmung zu retten. Dies hatte schwerwiegende Folgen für die niederschlesische Hauptstadt.
Die Siedlung Kozanów stand unter Wasser, dann wurde Opatowice überflutet, und am Abend wurden die wasserführenden Gebiete von Wrocław überschwemmt. Es begann ein dramatischer Kampf, um zu verhindern, dass die Deiche am Ostrów Tumski und in der Altstadt brachen.
Jahrtausendflut - Samstag, 12. Juli
In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde der Stadtteil Opatowice überflutet, dann die städtische Kläranlage. Die Verbindungsstraße zwischen Oława und Wrocław wurde unterbrochen. Die Lage wurde von Stunde zu Stunde schwieriger. Der gesamte Süden von Wrocław war von der Stromversorgung abgeschnitten, und in den Morgenstunden wurde der Damm in der Nähe der Osobowicki-Brücke durchbrochen.
In der Wohnsiedlung Kozanów stand das Wasser mehrere Meter hoch. In den folgenden Stunden stieg der Wasserstand so stark an, dass ein Wohnblock an der Straße ul. Księcia Witolda und Gwarecka überflutet wurde. Um noch größere Schäden zu verhindern, wurde beschlossen, die Brücken Warszawski, Pomorski, Osobowicki, Trzebnicki, Piaskowy und Pokoju zu sperren. Nach 15 Uhr war ein Teil der Stadt völlig von der Außenwelt abgeschnitten.
Das Wasser überflutete das Marciniak-Krankenhaus, das Biochemische Institut in Tamka, den Rettungsdienst und die Wassergewinnungsanlage in Grobla. In Wrocław gab es kein Trinkwasser mehr, die Notrufnummer 999 funktionierte ebenfalls nicht. Am Abend, gegen 19 Uhr, drang das Wasser auf den Platz pl. Wróblewskiego ein und überflutete anschließend das psychiatrische Krankenhaus in der ul. Kraszewskiego.
Die Flutwelle erreichte auch das Gebiet um den Hauptbahnhof und in der Nähe der Straßen ul. Kościuszki und Małachowskiego. Eine der Hauptstraßen von Wrocław, die ul. Świdnicka wurde überflutet.
Jahrtausendhochwasser in Wrocław - Ursachen und Auswirkungen
Es ist kaum zu glauben, doch seit dem berühmten Hochwasser in Polen im Juli 1997 ist schon ein Vierteljahrhundert vergangen. Trotz der vielen Jahre, die vergangen sind, rufen die Ereignisse bei den Bewohnern Niederschlesiens immer noch starke Emotionen hervor und wecken Erinnerungen.
Was waren die Ursachen für das Hochwasser von 1997?
Die unmittelbare Ursache des Hochwassers, das Polen 1997 heimsuchte, war das Zusammentreffen zweier Luftmassen, die zu starken Regenfällen führten. Ein Zustrom kühler Luftmassen aus Westeuropa führte zu einem Tiefdruckgebiet über Norditalien, das sich nach Nordosten bewegte, wo es auf heiße Luft aus dem Mittelmeerraum und dem Schwarzen Meer traf. Die erste Welle intensiver Niederschläge setzte am 4. Juli ein und dauerte bis zum 8. Juli 1997.
Der meiste Regen fiel in dem Gebiet zwischen Brünn, Katowice und Wrocław. Die meisten Niederschläge mit 455 mm wurden an diesen Tagen in tschechischem Praděd registriert. Wie sich herausstellte, war dies nicht die letzte Niederschlagswelle, die damals durch Polen zog. Zwei Wochen später, vom 18. bis 22. Juli, kam es in der Region zu heftigen Regenfällen, die in einigen Gebieten um das Fünffache die Niederschlagssummen von Juli überstiegen.
Was waren die Auswirkungen der Jahrtausendflut?
Die starken Regenfälle im Juli 1997 führten dazu, dass Stauseen, Flüsse und Böden eine so große Wassermenge nicht aufnehmen konnten. Das Ergebnis war eine Überschwemmung, die aufgrund des Ausmaßes der Schäden als Jahrtausendflut bezeichnet wird. Neben Polen waren auch andere Länder betroffen: Deutschland, die Slowakei, die Tschechische Republik und Österreich.
Zu den polnischen Städten mit den größten Schäden gehörten Wrocław, Kędzierzyn-Koźle, Racibórz, Nysa und Kłodzko. Insgesamt wurden 25 Woiwodschaften überflutet, fast 700.000 Hektar und 1.362 Städte standen dabei unter Wasser.
Nahezu 200 000 Menschen mussten evakuiert werden und ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen. Infolge der Überschwemmungen war die Sicherheit der Tiere im Zoo von Wrocław gefährdet. Wie Hanna Gucwińska, die Direktorin des Zoos, berichtete, wurde die Lage von Stunde zu Stunde schwieriger.
Über die Sicherheit der Tiere wachten Feuerwehrleute, Polizeibeamte und Einwohner der Stadt, die während des gesamten Hochwassers tatkräftig mit anpackten. Trotz des enormen Einsatzes der Rettungsdienste und der aus ganz Polen eintreffenden Hilfsgüter verursachte das Hochwasser immense Schäden.
Etwa 7 000 Menschen verloren ihr Zuhause, fast 700 000 Wohnungen, über 800 Schulen, 4 000 Brücken und über 600 Kilometer Deiche wurden beschädigt. Infolge der Überschwemmungen erlitten auch rund 9 000 Unternehmen Sachschäden.
Wie viele Menschen starben beim Hochwasser von 1997?
Bei den berühmten Überschwemmungen, die unser Land heimsuchten, starben allein in Polen insgesamt 56 Menschen. Schätzungen zufolge verloren etwa 7 000 Menschen ihr Zuhause und etwa 40 000 ihr gesamtes Hab und Gut. Im ganzen Land beliefen sich die Verluste auf bis zu 12 Milliarden PLN. In ganz Europa waren die Verluste jedoch viel größer. Insgesamt forderte die Jahrtausendflut 124 Menschenleben.
Die Jahrtausendflut - die Geschichte des Liedes "Meine und deine Hoffnung"
Das Lied "Moja i Twoja nadzieja" [Meine und deine Hoffnung] wurde zu einer Hymne der Einheit und der Tragödie für die Flutopfer, die in der Katastrophe ihre Angehörige oder ihr Hab und Gut verloren haben. Interessanterweise entstand das Lied schon viel früher, und zwar in einem ganz anderen Zusammenhang. Das Lied wurde 1992 von Katarzyna Nosowska (unter Mitarbeit von Edyta Bartosiewicz) geschrieben und war auf dem Debütalbum „Fire" der Gruppe Hey von 1993 enthalten. Die Musik wurde von Piotr Banach komponiert, der ursprünglich auch die Texte schreiben sollte, doch schließlich wurde die von Nosowska verfasste Version auf das Album aufgenommen.
Das Lied wurde für das Große Orchester der Weihnachtshilfe geschrieben, das zur gleichen Zeit seine Tätigkeit aufnahm. Noch im selben Jahr wurde das Lied "Moja i Twoja nadzieja" ein Hit beim Festival Jarocin und ging ähnlich wie die Songs Teksański oder Dreams in die Geschichte der polnischen Musik ein.
Sowohl die Band Hey als auch der Autor der Musik, Piotr Banach, verzichteten auf ihre Rechte an den Tantiemen, so dass die gesamten Einnahmen den Opfern der Naturkatastrophe zugute kamen. Neben der Band Hey waren auch andere polnische Künstler an der Aufnahme beteiligt: Maryla Rodowicz, Edyta Bartosiewicz, Natalia Kukulska, Renata Dąbrowska, Ania Świątczak, Patrycja Kosiarkiewicz, Joanna Prykowska, Czesław Niemien und Grzegorz Markowski.
Großes Wasser - Netflix-Serie über die Jahrtausendflut
Das Hochwasser von 1997, das Niederschlesien heimsuchte, ist das Thema der neuen Netflix-Serie „Wielka woda ” [Großes Wasser], die im Juli dieses Jahres ihre Premiere feiern wird. Jan Holoubek und Bartłomiej Ignaciuk sind für die Regie verantwortlich, das Drehbuch wurde von Kinga Krzemińska und Kasper Bajon geschrieben.
Die Serie besteht aus 6 Episoden und erzählt, wie das Element, das Wrocław und seine Umgebung heimgesucht hat, das Leben der lokalen Gemeinschaft beeinflusst hat.