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Der Bürger Jerzy Stuhr

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Ein voller Zuschauerraum, Applaus für den Regisseur und eine Stunde Diskussion mit dem Filmemacher. Das war die Premiere des neusten Filmes von Jerzy Stuhr "Obywatel" am Dienstag. Die Vorführung begann im 19.00 im Kino Nowe Horyzonty. Das Werk ist großartig und, wie der Regisseur selbst sagt, seine zivile Abrechung mit der neusten Geschichte Polens.

Jan Bratek. Ein ganz normaler Mensch der Sozialismuszeit. Im endlosen Hin und Her der Geschichte wird er ständig zu ihrem Opfer und ist meistens derjenige, der eins auf die Mütze bekommt. Mal will er seinen Klassenkameraden nicht verraten und wird zum Schuldigen der "Antisemitenattacke" auf einen Ladenbesitzer, dann wieder will er zum falschen Zeitpunkt Salz vom Nachbarn leihen und wird verhaftet oder möchte zwei jungen Menschen helfen, nimmt von ihnen verbotene Flugblätter und wird darauf von der Miliz verfolgt. Immer schafft er es allerdings, in dieser Misere das Gesicht zu bewahren. Würdevoll und mit Ehre. – Er ist ein guter, geradezu aufrechter Mensch. Er ist aber auch sehr normal und hat kein Zeug zum Helden. Ich wollten zeigen, dass die meisten Menschen meiner Generation solche Staatsbürger waren. Jan Bratek ist der Innbegriff eines Durchschnittspolen – sagt Jerzy Stuhr.

Demut und Lachen lernen

Im Film zieht der Regisseur alles ins Lächerliche, worüber die Polen nicht lachen können. Den berflächigen Katholizismus, Antisemitismus und den geradezu hysterischen Patriotismus. – Wir müssen lernen, über uns selbst lachen zu können. Leider neigen wir als Nation, oder als Gesellschaft zum Martyrium, zur Glorifikation der Wundenheilung, dazu, immer das Opfer zu sein. Wenn uns das jemand vorhält, sind wir sauer, beleidigt. Warum? Aus welchem Grund? Man muss lernen, darüber zu lachen - sagte Jerzy Stuhr nach der Premiere. Im "Obywatel" (dt. Bürger) spielt er die Figur von Jan Bratek zusammen mit seinem Sohn Maciej. Wie er selbst sagt, was die Schauspielkunst betrifft, leistete er in dem Film nichts Neues. Beachtenswert ist jedoch die Kreation des jungen Stuhr. - Maciek neigte schon immer zur Parodie. Als Kind konnte er perfekt meinen Gang, Gestik oder Redensart nachmachen. Ich bekämpfte das allerdings nicht, denn es war gut. Und in diesem Film konnte er das wirklich gebrauchen – erzählt Jerzy Stuhr.

Fast ohne Politik

An diesem Film arbeitete Stuhr über 7 Jahre. Wie er selbst sagt, es sei eines der wichtigsten seiner Werke. Eine zivile Abrechnung mit der Vergangenheit. Jan Bratek hat sehr viel von Jerzy Stuhr. Vor allem, sie sind Zeitgenossen. - Janek kämpft mit denselben Problemen wie ich. Und vermutlich meine ganze Generation. Wie zum Beispiel dieser ständige Reisewahn. Und gleichzeitig auch die Tatsache, dass das Reisen damals für die meisten unmöglich war – fügt Stuhr hinzu. Im "Obywatel" stellt sich der Regisseur auf keine Seite. Er vermeidet Propaganda und Politisieren. Wie er sagt, er sei Künstler, kein Publizist. Mit einer kleinen Ausnahme. In einer Szene sagt ein alter Bekannte Brateks zu ihm (als er sicht dagegen stellt, nach jüdischen Wurzeln in den Familien der Abgeordneten der neuen Regierung zu suchen), er stehe jetzt am selben Platz, wo früher die Miliz stand. Ein Satz, der während seiner Amtszeit der Premierminister Jarosław Kaczyński über die Opposition sagte. – Ich habe lange nachgedacht, ob ich diesen Satz lassen soll. Dann dachte ich aber, dass ich einen Film über mich selbst mache und ehrlich sein muss, und dieser Satz hat mich in den letzten 25 Jahren in der Tat am meisten beleidigt. Also habe ich ihm im Drehbuch stehen lassen - sagt der Regisseur.

Geschichtsunterricht für die neue Generation

Während der Premiere waren im Saal viele junge Menschen anwesend. Nach der Vorführung fragten sie beim Gespräch mit Jerzy Stuhr wie der Film gemacht wurde, nach der Musikauswahl und anderen technischen Aspekten. Zum Schluss des Gesprächs kritisierte eine junge Frau die Haltung des Helden. Sie hielt ihm vor, er agiere ohne Gesicht, laviere, sei geradezu ein Feigling. Jerzy Stuhr antwortete: - Tja, ich war und bin in diesem Film ehrlich. Uns so wie Bratek mussten wir sein, um zu überleben. Und fügte gleich hinzu: - Ich weiß, dass die Jugend mit diesem Film Probleme haben kann. Für sie ist es Abstraktion. Wir werden aber sehen, was sie davon behalten. Die beste Rezension war für mich der Satz eines Zuschauers nach der Vorführung: Das war ein Film über mich.

"Obywatel" ist schon ab Freitag, 7.11. in den Kinos zu sehen.

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