Der 35-jährige Marvel Matarrita stammt aus Costa Rica. Er kam nach Wroclaw im Februar 2010. Heute arbeitet er in der dortigen Niederlassung von Google. Für den Costa-Ricaner war der Arbeitseinsatz in Wroclaw wie eine Reise auf das andere Ende der Welt. Es war für ihn der erste Aufenthalt in Europa. Der erste Eindruck nach der Landung – ein kleiner, alter Flughafen.
- „Ich dachte mir, Mist, was muss das für eine Stadt sein, mit so einem kleinen Flughafen? Als ich durch die Stadtmitte fuhr, sah ich das, was ich vorher in den europäischen Filmen gesehen hatte und mit Europa assoziierte, d.h. die architektonische Vielfalt. Besonders beeindruckt hat mich der bunte Ring von Wroclaw, wie aus einem Märchen“ – erinnert sich Marvel an seinen ersten Tag in Wroclaw.
Wir sprechen miteinander um 10.18 Uhr und Marvel rechnet schnell um, dass in Costa Rica gerade 2.18 Uhr nachts ist. Acht Stunden Unterschied sind nicht alles, was für den Lateinamerikaner in Wroclaw zum Problem werden kann. Was vermisst der Costa-Ricaner?
- „Am meisten fehlen mir der Strand und das Surfen“- lacht Marvel und vermutlich deshalb ist er im Sommer Stammgast im Wake Park in Glinianki von Wroclaw, wo man Wasserski fahren kann.
Die Polen sagen gleich, was sie meinen
Bei Google in Wroclaw ist Marvin als Manager tätig. Der 35-jährige leitet ein Team, das für Kontakte mit spanischen Kunden verantwortlich ist. Sein Team besteht aus Mitarbeitern, die Spanisch sprechen – sie kommen aus Spanien, Peru, Venezuela, Kolumbien, Brasilien. Wenn man ihn nach den polnischen Kollegen fragt, antwortet er, sie seien sehr direkt: - „Sie sagen gleich, was sie meinen und das schockiert ein bisschen uns Latinos. Nicht so gut finde ich an Euch, dass ihr etwas mehr Zeit braucht, um sich an einem neuen Ort einzuleben, an neue Menschen und andere Kultur zu gewöhnen“ – zählt Marvel auf.
Er lernt Polnisch am Fahrkartenautomat
Ein Ausländer, der nach Wroclaw wegen der Arbeit kommt, muss sich eine Wohnung suchen und wenn er von seiner Familie begleitet wird, auch Kindergarten oder Schule für die Kinder. Wichtig ist auch die ärztliche Betreuung. Bei der Wohnungssuche half Marvel sein Arbeitgeber, der einen Immobilienmakler beauftragte. Die Firma organisierte auch Krankenversicherung in einer privaten Klinik: - „Die Ärzte sprechen dort Englisch und man kann sich problemlos verständigen“ - sagt Marvel.
Für einen Ausländer kann der Kauf eines Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Problem werden; Ein Expate muss auch überlegen, wo er einkaufen geht, das Kinoprogramm oder ein gutes Restaurant finden kann. Nützlich können u.a. englischsprachige Internetportale zum Thema Wroclaw sein.
Marvel Matarrita, Foto: Tomasz Walków
- „Am Anfang war ich viel mit öffentlichen Verkehrmitteln unterwegs. Die alten Fahrscheinautomaten waren für mich ein Problem. Heute gibt es moderne Geräte mit mehreren Sprachvarianten. Ich nutze sie hin und wieder, um mein Polnisch zu üben, schalte die englische Version auf Polnisch um und prüfe, ob ich alles verstanden habe“ - lacht Marvel und fügt hinzu, dass es mit dem Essengehen keine Probleme gibt: - „In den Restaurants sind die Speisekarten meistens auf Englisch. Und mit der polnischen Steuererklärung bin ich so zurechtgekommen: ich habe ein Foto von den Unterlagen aufgenommen, alle Rubriken übersetzt und dann ausgefüllt.
Zuhause Spanisch, Englisch und Polnisch
Nach sechs Jahren in Wroclaw versteht Marvel ganz gut Polnisch. Eigentlich hatte er keine Wahl, weil er eine Polin geheiratet hat. Zofia lernte er in Kanada bei einer Firmenschulung kennen. Sie sind seit drei Jahren verheiratet und haben einen 3 Jahre alten Sohn Julian. Ende April ist ihre Tochter Marianna geboren. Zuhause kommunizieren sie in drei Sprachen: - „Mit meiner Frau spreche ich Englisch. Zu den Kindern rede ich Spanisch und meine Frau Polnisch. Mein Sohn antwortet auf Polnisch und mischt manchmal englische Wörter ins Gespräch. Es ist also manchmal sehr lustig“ – fügt Marvel hinzu.
Ich bin heiß, es lohnt sich also, die Sprache zu kennen
Ein Jahr lang besuchte Marvel Polnischkurse, die von seinem Arbeitgeber organisiert wurden. Er meint, dass es wichtig sei, mindestens die Grundlagen der polnischen Sprache zu kennen: - „Man kann sich auf Englisch oder Spanisch verständigen, aber manchmal ist es unerlässlich, wenigstens ein Paar Worte auf Polnisch zu kennen. Es kommt ab und zu zu witzigen Situationen. Ich sagte, ich bin heiß, statt mir ist heiß, was besonders bei den Damen, mit einem Lächeln angenommen wurde“- lacht Marvel.
Marvel hat wegen der Sprache Probleme, das polnische Recht und die Gesetze zu verstehen. Er ist der Meinung, es gebe zu wenig Übersetzungen. Er schließt allerdings nicht aus, in Polen eine Familienfirma zu gründen. Er denkt dabei an die Tourismus- oder Restaurantbranche: - „Euer Markt hat Potenzial, das ist am wichtigsten."
Lieblingsorte in Wroclaw
Er mag mexikanische Küche, speziell die Gerichte von Mexico Bar und Masala in Wroclaw. Wegen der Latino-Musik geht er gerne zum Feiern in die Casa de la Musica. Mit der Familie besucht er oft den Aquapark Wroclaw, im Sommer Glinianki. – "Es gefällt mir, dass die Stadt die Promenaden an der Oder renovieren lässt. Es ist ein schöner Ort, um mit der Familie spazierenzugehen“ - meint Marvel, und auf die Frage, was er an der Stadt gerne ändern würde, antwortet er kurz, er würde mehr von den heruntergekommenenn Wohnhäusern restaurieren: - „Das Zentrum ist schön, jedoch weiter weg vom Ring gibt es Häuser, die renovierungsbedürftig sind. Es gibt auch Orte, die sauberer sein könnten."
Ist Wroclaw nur eine Episode oder das ganze Leben?
Er findet die Stadt sicher. Er hat noch nie erlebt, dass er sich wegen seines Akzents oder der Hautfarbe bedroht fühlen könnte. Er ist sich sicher, dass sein Zuhause jetzt hier ist. – „Ich denke überhaupt nicht an einen Umzug, außer die Firma wird mich mit einem interessanten Projekt locken. Ich hatte Jobangebote in anderen europäischen Städten, die allerdings nicht in Anspruch genommen. Wroclaw bietet gute Bedingungen und hohe Lebensqualität zum angemessenen Preis. Wenn ich hier Geld verdiene, kann ich mir mehr leisten als z.B. in London, wo die Lebenshaltungskosten viel höher liegen“ – erzählt er.
Mehr Ausländer und Töne
Er beobachtet, wie sich die Stadt im Laufe der sechs Jahre verändert hat. Er sagt, dass man jetzt mehr Ausländer trifft und in den Straßen immer öfters verschiedene Sprachen hört. In öffentlichen Bereichen werden die Informationen immer öfters ins Englische übersetzt. – „Man sieht, dass die Stadt sich entwickelt, es entstehen neue Gebäude und es gibt viele Baustellen"
Der Costa-Ricaner ist der Meinung, dass Wroclaw ein guter Ort für einen Neuanfang sei: - „Ich fühle mich hier wohl. Die Stadt ist optimal, weder zu groß noch zu klein. Man kann Freunde finden." – „Ich bin viel in Europa und in der Welt unterwegs, besuche dabei große Metropolen, aber dort ist man ein kleines Element in einer riesigen Menschenmasse. In Wroclaw ist es anders, für mich ist es so eine Art familiärer Ort, an dem man heimisch werden kann."
Ausländische Mitarbeiter in Wroclaw [RATGEBER]
Immer mehr ausländische Spezialisten arbeiten in Wroclaw. Für sie, ihre Familien und Arbeitgeber bereiten wir eine Art Ratgeber vor. Die nächsten Artikel beschäftigen sich mit Themen wie der Umzug der ausländischen Mitarbeiter in der Praxis vom Standpunkt des Arbeitgebers, der Nachzug der Familienangehörigen eines ausländischen Mitarbeiters, Anfangskosten der Ausländer im Zusammenhang mit einem Umzug nach Wroclaw, die Anmeldung einer Firma in Polen durch einen Ausländer sowie Mini-Ratgeber des Expaten - wie komme ich in Wroclaw zurecht.
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Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Firma RelocateYou und der Agentur für die Entwicklung des Ballungsraumes Wroclaw
Oksana Kartavtseva Vorstandvorsitzende von Relocateyou sp. z o.o. www.relocateyou.pl
Aleksandra Kłonowska-Drozd Projektleiterin www.invest-in-wroclaw.pl