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Leuchtreklamen sind Magie [FOTOS]

Sie galten in den Zeiten des Sozialismus als Synonym für den Luxus und die große Welt. Heute vergessen, landen sie in der Altmetallsammlung, es gibt jedoch auch Menschen, die alles dafür tun, um sie zu retten und ihnen den alten Glanz wiedergeben. Mit Tomasz Kosmalski, einem der ersten Sammler der Leuchtreklamen in Polen und Vertreter der Stiftung Neon Side, spricht Jarek Ratajczak

Jarek Ratajczak: - Ein seltsames Hobby haben Sie sich ausgesucht. Ich kann noch verstehen, man sammelt Briefmarken, Oldtimer oder Motorräder aber Leuchtreklamen?

Tomasz Kosmalski: - Ich weiß, es erscheint ziemlich bescheuert (Lachen), aber die Neonlampen erinnern mich an meine Kindheit, an das alte Breslau und ich wollte sie einfach vor dem Vergessen retten.

Wie begann das Sammeln der Leuchtreklamen?

Tomasz Kosmalski: - Zufällig, vor 10 Jahren. Die erste – das war das Süßwarengeschäft in der ul. Nowowiejska. Sie war an einem Tag da, am nächsten wieder weg. Ich ging in den Laden, suchte den Besitzer und fragte, was mit der Neonreklame passiert sei. Ich sagte, ich kaufe sie ihm ab. Der Besitzer berechnete den Wert wie bei Altmetallsammlung. Ich zahlte einen Hunderter und das war der Anfang.

Und was haben sie damit gemacht?

Tomasz Kosmalski: - Ich versteckte die Reklame im Keller des Wohnblocks, in dem ich damals wohnte. Der Keller wurde bald zu eng, also stopfte ich sie später die Garagen meiner Bekannten voll. Ein Teil landete schließlich im Museum der Motorisierung in Topacz bei Breslau. Ich renoviere gerade ein Haus, habe etwas mehr Platz. Das Problem ist aber, dass mir das Geld für die Hausrenovierung ausgegangen ist, weil ich angefangen habe, die Leuchtreklamen zu renovieren (Lachen). Ich träume davon, das Auto in der Garage abstellen zu können. Das geht nicht, weil ich in der Garage die Leuchtreklamen habe.

Ist es ein teures Hobby?

Tomasz Kosmalski: - Eine Leuchtreklame kann man nicht an die Steckdose anschließen. Sie braucht einen speziellen Trafo für Hochspannung. Ein Stück kostet etwa 400 zł. Eine Leuchtreklame benötigt je nach Größe, sogar 6 Trafos. Dazu noch Kabel und zwar nicht eins, wie für einen Wasserkocher, sondern für Hochspannung. Zur Sozialismuszeiten hat die Herstellung der Leuchtreklamen viel Geld gekostet, das war aber den Leuten egal. Man wollte eine Leuchtreklame und man hat sie bekommen.

Wir unterhalten uns im Hinterhof zwischen ul. Ruska i św. Antoniego. An der Wand des Mehrfamilienhauses hängen Breslauer Leuchtreklamen, die Sie gerettet haben: "Grand Hotel", "Kwiaty", "Elektor" oder "Hermes". Wird es ein Teil der neuentstehenden Galerie der Neontreklamen?

Tomasz Kosmalski: - Ende Oktober planen wir, die Galerie zu eröffnen und die Neonreklamen in der ul. Ruska einzuschalten. Im September gab es bereits ein Probeleuchten. Der Effekt war super. Nur wenige Menschen wissen, dass im Hof, wo die Galerie der Neonreklamen ihren Sitz haben wird, sich früher die Firma "Reklama" befand, die 50 Jahre lang Leuchtreklamen für ganz Niederschlesien herstellte. Für mich ist es eine Art Rückkehr zu den Ursprüngen. Von da kamen die Leuchtreklamen her und dort kehren sie zurück.

Ich weiß, dass Sie ein Jurastudium an der Breslauer Universität abgeschlossen haben. Was haben die Leuchtreklamen an sich, dass ein ausgebildeter Jurist Geld und Freizeit in sie investiert?

Tomasz Kosmalski: - (Lachen) Es ist eine Magie, die einen verzaubert. Meine Arbeitskollegen wissen natürlich, dass ich Leuchtreklamen sammle. In der Arbeit habe ich noch nie gehört, dass sich jemand wegen meiner Leistungen beschwert, also stört mein Hobby wohl niemanden. Und die Familie und Freunde haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass ich sie manchmal bitte, mit mir aufs Dach zu steigen und helfen, die Leuchtreklame abzubauen. Ohne den Freundeskreis würde ich nicht sehr weit kommen. Neulich haben wir eine riesige Neonlampe in Form eines Huhns von der ehemaligen Geflügelfirma in der ul. Paprotna geholt. Sie hatte 2,5 m Durchmesser und die Konstruktion wog 400 Kilo.

Notwendig sind Grundkenntnisse in Elektrik in Mechanik.

Tomasz Kosmalski: - Kenntnisse, wie man eine Schleifmaschine oder den populären Gummi-Schleifer bedient, erweisen sich bei der Demontage sehr nützlich. Man muss mit dem Strom verdammt gut aufpassen. Wenn man einen Schlag bekommt – kann es ein Problem geben, weil die Leuchtreklame unter Hochspannung steht.

Und so für den Laien, warum leuchtet die Leuchtreklame eigentlich?

Tomasz Kosmalski: - Es ist ein chemischer Prozess. Mithilfe der elektrischen Energie kommt es zum Kurzschluss und die kleinen Metallsplitter und Gase - Neon, Freon oder Argon beginnen zu leuchten, jedes davon in einer bestimmten Farbe, z.B. Neon - rot.

Und die kultigsten, die sich noch in Breslau befinden, welche sind das?

Tomasz Kosmalski: - "Złodzieje" (Diebe) am Pl. Kościuszki, "Lew" (Löwe) im Zoo, "Dobry wieczór we Wrocławiu" (Guten Abend in Breslau), "Fryzjer" (Friseur) am Pl. Orląt Lwowskich. In den Straßen gibt es nicht mehr viel alte Leuchtreklamen, etwa 10-15. Ich weiß, wo sie sind und passe auf sie auf.

Wie?

Tomasz Kosmalski: - Ich habe meine Netze ausgebreitet. Ich weiß, wo sie sind und warte auf die Nachricht, das jemand eine von ihnen beseitigen will. Neulich verschwand "Salon prasowy" (Pressesalon) von Pl. Kościuszki. Ich habe 200 zł geboten, aber irgendjemand hat mich überboten und 1000 gegeben. Jetzt, als die Leuchtreklamen bekannt geworden sind, sind auch die Preise nach oben gegangen. Jemand hat die "Kwiaty" (Blumen) von Pl. Kościuszki und "Książki" (Bücher) von der ul. Grabiszyńska. Irgendjemand hat sie gekauft und versteckt, weil ich sie nirgendwo gesehen habe.

Das Sentiment für sozialistisches Polen kommt in Mode.

Tomasz Kosmalski: - Es ist irgendwas Wahres dran. In Posen, Kattowitz oder Sopot hört man über Sammler der Leuchtreklamen. Ein Museum der Leuchtreklamen gibt es in Warschau. Das gefällt mir nicht wirklich, weil sie meiner Meinung nach nicht wie Museumsexponate verschlossen sein sollten. Damit man ihre Schönheit sieht, müssen sie in den Straßen hängen und leuchten.

Wie kommt man an die Leuchtreklamen? Veranstalten Sie auch "Nacht- und Nebelaktionen", nur um sie zu retten?

Tomasz Kosmalski: - Keinesfalls. Alles ist legal. Aus diesem Grund gründete ich 2009 die Stiftung Neon Side. Manche haben mich, als ich erzählt habe, dass ich die Leuchtreklamen retten will, ein bisschen wie einen Verrückten oder Altmetallsammler angeschaut. Heute, wenn ich von der Stiftung spreche, behandeln sie mich etwas ernster. Dank der Stiftung war es auch möglich, mit der Stadt ins Gespräch zu kommen. Sehr gut mit dem Thema umgegangen ist der Vizepräsident Adam Grehl. Es war für ihn sehr wichtig, einen Ort zu finden, wo man die Leuchtreklamen zeigen kann. Als Stiftung habe ich die Ausschreibung für die Vermietung des Lokals in der ul. Ruska 46 gewonnen. Ich habe ein Programm zur Rettung der Leuchtreklamen, ihre Restaurierung und Präsentation vorbereitet. Heute arbeite ich mit wunderbaren Menschen von der städtischen Gesellschaft Wrocławska Rewitalizacja zusammen, die sich bemühen, dass im Hof in der ul. Ruska eine Art Kunstpassage mit Galerien entsteht. Sie soll im Jahr 2016 fertig werden, wenn die Stadt die Europäische Kulturhauptstadt sein wird.

Vermissen Sie die Leuchtreklamen, in ihrer ganzen Pracht, so wie sie in den 50., 60. oder 70 Jahren ausgesehen haben, die ihre Glanzzeit war? Sie haben sie nicht gesehen. Als Ihr Jahrgang ‘79 in den letzten Jahren des sozialistischen Polens groß wurde, gab es die meisten Leuchtreklamen nicht mehr.

Tomasz Kosmalski: - Ich erinnere mich an die Leuchtreklamen am Kemelon, Pedet, am Pl. Kościuszki. In den Sozialismuszeiten gab es davon eine ganze Menge. Tagsüber grau, am Abend, in der Stadtmitte eine Explosion der Farben. Es war ein bisschen absurd. Wenn man sich jetzt die alten Fotos der ul. Świerczewskiego (heute Piłsudskiego) anschaut, sieht man, dass man an den Leuchtreklamen nicht gespart hat. Auf dem Abschnitt von der ul. Świdnicka zum Hauptbahnhof gab es etwa zwanzig. Ich beobachtete, wie sie zu leuchten aufhören. Sie verschwanden, weil die Betriebe, zu denen sie gehörten, geschlossen wurden. Ende der 90er Jahre verdrängte der junge Kapitalismus schnell das sozialistische Polen. Statt Leuchtreklamen gab es die chinesischen LEDs. Die echten Leuchtreklamen hingegen wurden von Künstlern gestaltet. Für jede wurde ein spezieller Entwurf angefertigt. Man hat sich verschiedene Formen ausgedacht. Die Buchstaben sind sehr ausgefallen. Deshalb sind sie einzigartig und einmalig.

Und wie repariert man sie, denn es gibt wohl keine Ersatzteile?

Tomasz Kosmalski: - In Breslau kenne ich Handwerker, die einzigen in Niederschlesien, welche die alte Leuchtreklame zum leuchten bringen können. Interessanterweise konnte ich sie jahrelang nur über Mittelsmänner erreichten, die mir den direkten Kontakt nicht verraten wollten, weil sie auf diese Weise an mir verdienten. Die nächste Firma, die sich auf Leuchtreklamen spezialisiert und die ich kenne, gibt es erst in Łodz.

Träumen Sie von Leuchtreklamen?

Tomasz Kosmalski: - Jetzt übertreiben Sie aber (Lachen), ich träume von Speedwayrennen, weil mich das mein Leben lang fasziniert. Ich versuche, mit Leuchtreklamen rational umzugehen, um nicht verrückt zu werden. Es ist doch Stück meines Lebens. Ich weiß nicht, wie Sie so was sehen... Es ist verrückt, aber ich denke, Sie haben auch etwas Ähnliches...

Und zuletzt Zierfische.

Tomasz Kosmalski: - Und Neonfische haben Sie auch?

Natürlich.

Tomasz Kosmalski: - Ich habe mir gedacht, es wäre schön, in der Galerie in der ul. Ruska – neben den Leuchtreklamen – ein Aquarium mit Neonfischen und ein Café einzurichten. Es sollte ein Ort sein, wo jeder kommen kann um über Leuchtreklamen zu reden, bzw. über Orte, wo es sie früher gab, oder bei der Renovierung zu helfen.

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