Amerykanisches Kino ändert sich
Interessanterweise erlebt das amerikanische Kino seit mehr als einem Jahrzehnt eine echte Metamorphose. Immer öfters werden auf dem roten Oscarteppich Filmemacher bemerkt, die bisher mit dem Off in Verbindung gebracht wurden (der Erfolg der Schauspielerin Jennifer Lawrence ist der beste Beweis dafür), auch das Fernsehen hat den klassischen Filmen ein großes Teil des Publikums abgeworben, denn die Drehbuchautoren der bekannten Sender oder Plattformen können den Markt und die Erwartungen der Kunden besser aufspüren als die Skriptautoren aus Hollywood. Das Festival in Sundance (das "Lieblingskind" von Robert Redford) hat sich bereits von einer Veranstaltung zur Bewerbung der unabhängigen Filme zum Hauptmarkt für die Promotion der Filme des sog. Mainstreams entwickelt, denn dort muss man sich einfach zeigen lassen. Es ist der Segen und zugleich der Fluch von Sundance, das langsam zu groß wird. Die Filmemacher entscheiden sich oft für South by Southwest in texanischem Austin, um auf diese Weise das Publikum zu erreichen. Die Veranstalter des Festivals retten dabei auch den stagnierenden Markt der Studiokinos, von denen es in den USA leider immer weniger gibt, da sie von den Multiplexen mit wenig anspruchsvollem Repertoire ersetzt werden.
American Film Festival - Hits
Die Besucher des American Film Festivals in Wroclaw brauchen sich keine Sorgen zu machen. Vom ambitionierten Kino gibt es in der Stadt genug. Und im Kino Nowe Horyzonty sehen wir schon am 20-25. Oktober amerikanische Filme, die in den letzten Monaten zum Gesprächstoff wurden. Den besten Beweis bildet der Streifen "Dope" von Rick Famuyiwy über Los Angeles, in dem die Einflüsse vieler Kulturen aufeinanderprallen, der nationale Schmelztiegel überläuft und jede Zeit ein Brennpunkt entstehen kann. Im Film ziehen die Filmemacher auf interessante Weise die besonders heiklen Dinge ins Komische.
Zu den zweiten bereits angekündigten Premieren gehört "Experimenter" von Michael Almereyda, die Geschichte des berühmten Versuchs von Stanley Milgram, bei dem er Anfang der 60er untersuchen wollte, wie gehorsam sich Menschen gegenüber Autoritäten verhalten. Seine Inspiration war dabei der Wunsch, zu erfahren, ob sich die Deutschen während des 2. Weltkriegs auf bestimmte Art verhielten, weil es ihr nationaler Charakterzug war (Gehorsam), oder ob diese Fügsamkeit in jeder Gesellschaft möglich ist. Die Ergebnisse der Forschung überraschten Milgram und führten weltweit zu Diskussionen. In der Rolle des Forschers sehen wir Peter Sarsgaard, in weiteren Rollen u.a. die lange nicht gesehene Winona Ryder und John Leguizamo.
Zum Programm des 6. American Film Festivals gehört auch der Film "Krisha" von Trey Edward Shults, der bei den Festivals in den Staaten aber auch in Cannes sehr gut angekommen ist. Den Kritikern und Zuschauern gefiel nicht das gewählte Thema eines Besuches im Familienkreis (Krisha besucht einen Cousin beim Thankgiving), sondern auch die perfekte Leitung der Schauspieler (keine Profis), wodurch die ganze Geschichte an Authentizität gewann.
Das vollständige Programm des American Film Festivals wird schon bald bekannt gegeben, die Tickets sind im September im Verkauf erhältlich.
