Bei den letzten zwei Folgen von Wroclaw Global Forum wiederholten sich Themen wie die Eskalation der Konflikte und neue globale Probleme: Wirtschaftskrise, Migration, drohenden Zerfall der EU. Welche Bereiche werden Ihrer Meinung nach während des siebten Wroclaw Global Forums im Mittelpunkt stehen?
Rafał Dutkiewicz, Präsident der Stadt Wroclaw: Fangen wir damit an, dass Atlantic Council, der Hauptveranstalter von Wroclaw Global Forum, immer die richtige Intuition hatte und in den Themenbereich, der während des Forums analysiert wurde, ukrainische und weißrussische Probleme miteinbezog. Diese haben aus unserer Sicht seit dem Konflikt in der Ukraine und der verantwortungslosen Reaktion von Putin an Brisanz gewonnen. Vom Anfang war das Thema der Energiesicherheit durch das Denken an die transatlantischen Angelegenheiten begleitet. Das diesjährige Forum wird sich - was man auch am Programm erkennen kann - überwiegend mit der Vorbereitung für den NATO-Gipfel befassen.
Das zweite Thema wurde direkt ausformuliert: Die europäische Sicherheit bewahren. Dieser Bereich besteht aus vielen Aspekten. Sie umfassen sowohl die terroristische Gefahr innerhalb Europas, Erscheinungen wie Brexit als auch das Warten auf das Ergebnis der Präsidentenwahl in Österreich. Es besteht kein Zweifel, dass die Europäische Union in ihrer Konstruktion gezerrt wird und zweifellos gibt es auch eine gewisse Gedankenwelle - von Skandinavien bis in den Süden Europas, die in Richtung Nationalismus treibt. Das dritte Thema bezieht sich auf die Entwicklung der Wirtschaft im 21. Jh. Das ist der ungefährlichste Bereich.
Am Wroclaw Global Forum beteiligen sich zahlreiche Politiker, Politikwissenschaftler sowie Berichterstatter, die einerseits aus dem Westen und den Vereinigten Staaten, andererseits aus der Ukraine und Russland stammen. Hat sich Wroclaw durch das Forum zu einem weiteren wichtigen Ort entwickelt, an dem sie eine Chance haben, direkt miteinander zu sprechen, Argumente auszutauschen? Welche Rolle spielt heute Wroclaw Global Forum?
Rafał Dutkiewicz, Präsident der Stadt Wroclaw: Polen als ein mitteleuropäischer Staat soll seine Kompetenzen in Bezug auf den Osten, d.h. Weißrussland, die Ukraine und Russland "verkaufen". Ich bin kein Spezialist für internationale Angelegenheiten, dennoch wurde auch ich von Senator John McCain nach meiner Meinung über die Ukraine gefragt. Sicherlich ist es so, dass aus amerikanischer Sicht ein Versuch, Europa aus mitteleuropäischer Perspektive zu betrachten, durchaus spannend erscheint. Ein weiteres Element, das wir nicht im ausreichenden Maße ausschöpfen, bezieht sich auf die relativ geringe deutsche Präsenz. Wir können einerseits über die östlichen Aspekte sprechen, andererseits uns auch bemühen, das Forum für Deutschland attraktiver zu machen, für das mächtigste Land in Europa.
Wie profitiert Wroclaw vom Global Forum?
Rafał Dutkiewicz, Präsident der Stadt Wroclaw: Erstens, es ist eine kleine Konferenz, jedoch eine sehr angesehene. Unter anderem deshalb, weil sie von meinungsbildenden Persönlichkeiten besucht wird. Und wenn diese meinungsbildenden Persönlichkeiten vom Aufenthalt in Wroclaw zufrieden sind, ist das für das Image der Stadt besonders wichtig. Das Global Forum trägt dazu bei, Wroclaw in die Weltkarte einzufügen. Vor ca. 15 Jahren wusste kaum jemand in Europa etwas über Wroclaw, heute gehören wir zu den hundert Orten, die weltweit über den größten Wiedererkennungswert verfügen. Wroclaw hat den Aufstieg geschafft, wir spielen in einer höheren Liga als vor 15 Jahren. In einem kleinen Prozentsatz auch dank einer Veranstaltung wie Wroclaw Global Forum.
