Auf dem Flughafen Wrocław ist die Abteilung für die Verwaltung der biotischen Umwelt tätig, die für das gesamte Ökosystem des Flughafens und dessen Umgebung verantwortlich ist. Diese größte Wiese in Wrocław, die aufgrund ihrer Bestimmung fast menschenleer ist, bildet einen Traumort nicht nur für zahlreiche Vogelarten, sondern auch für Füchse und Marderhunde. Ihre Anwesenheit kann allerdings den Flughafenbetrieb erheblich stören .
Sogar die Kleinen sind gefährlich
"Start und Landung sind für den Piloten die anspruchsvollsten Momente im Flug. Wenn dann selbst ein kleiner Vogel in den Motor gelingt, können die Folgen dramatisch sein," sagt Henryk Tokarek. Die Wahrheit ist, dass uns gar nicht bewusst ist, dass die Scheibe eines Kleinflugzeugs sogar von einem 40-Gramm leichten, kleinen Mauersegler zerschlagen werden kann und eine Saatkrähe mit einem Gewicht von 200 Gramm prallt beim Zusammenstoss mit einem Flugzeug, das 300 km pro Stunde fliegt, gegen den Rumpf mit einer Kraft von 3 Tonnen. Zu einem tragischen Unfall dieser Art kam es 1970 in Boston. Ein Viermotorenflugzeug gelangte kurz nach dem Start in einen Schwarm von Staren. Drei Motoren explodierten und die Maschine fiel von 70 Metern Höhe in die Bostoner Bucht. 62 Fluggäste kamen ums Leben. Jedoch nicht nur Vögel können für ein Flugzeug gefährlich werden. Wenn die Maschine einen Fuchs oder Marderhund anfährt, stirbt nicht nur das Tier, es werden auch langzeitige Prozesse in Gang gesetzt, die den Flug anhalten. Damit solche Fälle verhindert werden, arbeitet ein ganzes Team aus Menschen und Tieren.
Fliegende Polizei
Gerade jetzt beginnt für den Flughafen die arbeitsreichste Zeit. Die Vögel beginnen vom Süden in den Norden zu ziehen. Gerade die Wiesen gelten für sie als perfekte Plätze, auf denen sie sich erholen und Kräfte sammeln können. Der Flughafen Wrocław ist auch eine solche Traumadresse. Jedoch die Vögel sind dort bei den Abflügen und Landungen ungebetene und ungern gesehene Gäste. Und hier beginnt auch die Arbeit des Falkners und des Dienstpersonals des Flughafens, die sich gegenseitig ergänzen. Die "Stelle" des Falkners am Flughafen Wrocław wird von vier Würgfalken, zwei Habichten und einem Harris Hawk besetzt. Sie wurden von Herrn Henryk von klein auf gezüchtet. Es sind jedoch keine zahmen Hausvögel. Ihren Betreuer und Mentor behandeln sie als Rudelmitglied und gar als ihren Anführer . Bei der Arbeit verwandeln sie sich jedoch in echte Maschinen mit klar definiertem Ziel. Sie scheuchen, schrecken ab und wenn es sein muss, machen sie von ihren Schnäbeln und Krallen gebrauch. Der Falkner arbeitet in den Pausen zwischen dem Flugbetrieb, das heißt zwischen den Abflügen und Landungen der Maschinen. Das sind die Anforderungen, die den Fluggästen die Sicherheit garantieren sollen, damit die am Flughafen beschäftigten Vögel keine zusätzliche Gefahr darstellen.
Man muss überraschen
"Das Vogel-Mensch-Team ist eine Methode, die für klar definierte Arten von "Eindringlinge" gilt, die den Flughafen betreten, ihr Ziel ist es, das Rangierfeld für die nächsten Maschinen vorzubereiten. Der Raubvogel verscheucht sofort den Schwarm. Die Vögel fürchten sich instinktiv vor dem Räuber. Wir haben auch ein Abschrecksystem, das automatisch die Stimmen der Raubvögel imitiert. Wir benutzen sie jedoch sporadisch, da sie wenig wirksam sind, denn die Vögel gewöhnen sich schnell daran und reagieren nicht mehr," sagt Anna Solarska aus dem Team, das sich um die Tierwelt am Flughafen kümmert. Der Falkner muss sich mit den Lebensgewohnheiten von Kiebitzen, Gänsen, Schwalben, Spatzen oder Störchen auskennen, wissen, wann sie wandern und wann ihre Aktivität größer wird. Die Vögel und auch andere Tiere (Füchse, Marderhunde) werden mit anderen Methoden verscheucht – mit Schreckschuss-, Pfeif- oder Leuchtgeschossen oder mit elektronischem Abschrecksystem.
Spezielles Überwachungssystem
Der Flughafen Wrocław verwendet zusätzlich ein elektronisches Berichterstattungssystem über die Aktivität von Vögeln und anderen Tieren. Es wurde entworfen und genau für die Bedürfnisse und Eigenart des Flughafens Wrocław angepasst. Wie sieht es in der Praxis aus? Wenn der Mitarbeiter, der die Aktivität der Tiere am Flughafen überwacht, einen Vogel oder ein anderes Tier in dem Bereich entdeckt, der für den Flugbetrieb gefährlich werden kann, notiert er das in seinem Tablet – er wählt im System die Gattung des Tieres und markiert seinen Standort sowie die angewendete Abschreckmethode und die Wirksamkeit seiner Arbeit. Auf diese Weise kann die Aktivität der einzelnen Tiere, ihre Gewohnheiten wie auch die Reaktion auf die angewendeten Maßnahmen überwacht werden. :Während der gemeinsamen Besprechungen überlegen wir auch und suchen nach Lösungen, warum bestimmte Arten gerade zu diesem Zeitpunkt erscheinen. Was zieht sie an," fügt Anna Solarska hinzu.
Gras ist auch wichtig
Ein wichtiges Element im Ökosystem des Flughafens bilden auch die Pflanzen. Der Flughafen Wrocław arbeitet mit der Naturwissenschaftlichen Universität und dem Institut für Pflanzen- und Samenschutz zusammen. Das Ergebnis, das sie erzielen möchten, sind Gräser mit den besten Eigenschaften. Sie wachsen nicht besonders üppig, absorbieren gut Wasser, es entwickeln sich dort nicht übermässig Insekten, die Vögel anziehen.
Aufgabe für den Hund
Seit zwei Jahren hat auch Oskar eine feste Stelle am Flughafen Wrocław. Er ist ein Jagdhund. Seine Aufgabe besteht nicht in der Suche nach Drogen oder Sprengstoff im Gepäck, sondern darin, Vögel aufzuspüren und zu verjagen. Dank dem exzellenten Geruchsinn findet er problemlos einen Fuchsbau. Oskar ist der Liebling des ganzen Teams. Der sympathische Rothaarige liebt menschliche Gesellschaft und Streicheleinheiten und sein Job ist für ihn wie ein Spiel. "Wir sind alle ein bisschen wie Oskar. Für uns ist diese Arbeit keine alltägliche Pflicht, sondern Leidenschaft. Ich liebte schon immer die Vögel. So bin ich auf die Welt gekommen. Manchmal tut es mir ein bisschen leid, dass diese wilden Vögel vor mir fliehen. Ich beruhige mich aber damit, dass es auch für ihre Sicherheit ist," beendet Henryk Tokarek.
Fot.: Janusz Krzeszowski