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Gepetto aus Wroclaw schnitzt Holzbrillen

Sie sind einmalig, versenken nicht im Wasser und ihr Duft kann einem den Kopf verdrehen. Sie können mit Astansätzen oder glatt sein und mit dem Alter werden sie noch schöner - hölzerne Brillenfassungen Gepetto finden schon heute europaweit Kunden. Erfunden wurden sie von zwei jungen Menschen aus Wroclaw: einem Absolventen der Kunsthochschule und einer Absolventin der Sportakademie.

Es gibt tausende Brillenfassungen auf dem Markt. Mateusz Toporowicz und Agnieszka Prask aus Wroclaw sind auf die Idee gekommen, Brillen aus Holz zu schnitzen. Heute haben sie Kunden u.a. in Tschechien, Slowakei und Österreich. Neulich meldete sich ein Kunde aus dem Libanon, der in seinem Laden in Beirut Brillenfassungen von Gepetto verkaufen möchte. Im Januar 2017 möchten sie ihre Ware auf der Verbrauchermesse in München vorstellen, die neben Mailand und Paris zu den größten gehört – dort werden die Trends gesetzt und die neusten Kollektionen vorgestellt.

Einzigartig und duftend

Eine hölzerne Fassung, die muss doch schwer sein? – Das geht den meisten Menschen zuerst durch den Kopf. Es genügt jedoch, sie in die Hand zu nehmen, um sich zu überzeugen, wie federleicht sie ist. Es gibt noch mehr Vorteile. Die Fassung aus Bambus schwimmt auf der Wasseroberfläche – sie versenkt also nicht. Außerdem gibt es wegen der einzigartigen Holzstruktur keine zwei gleichen Fassungen. Sie sind entweder mit Astansatz oder glatt, mit zunehmendem Alter wird auch die Oberfläche schöner, z.B. das anfangs helle Sandelholz wird mit der Zeit dunkler. Und noch etwas. Der Duft. – „Wenn man eine Fassung aus Sandelholz im Auto liegen lässt – der Duft macht einen einfach wahnsinnig“- lacht Agnieszka.

Am ersten Tag gab es eine Überraschung

Es war August 2013. Sie hatten die erste Partie der Holzfassungen vorbereitet und starteten ihr Angebot im Internet und auf Facebook. Das Marketing begann über Mundpropaganda, bei ihren Freunden in Wroclaw und Familienangehörigen. – „Ich werde es niemals vergessen. Nur wenige Stunden nach dem Freischalten der Seite kam eine Bestellung aus Warszawa. Jemand hat zwei Stück bestellt, wollte sie aber gleich am nächsten Tag haben, weil er sie für ein Fotoshooting brauchte. Ich weiß bis heute nicht, wie er unsere Seite gefunden hat“- erzählt Agnieszka.

Die Freude war groß, gleichzeitig aber auch Bedenken. Nachdem der Berechnung der Kosten und des Materials kamen sie einen Preis von ca. 200 PLN. Ihr Wunsch war, dass auch Leute in ihrem Alter, Studenten, die meistens knapp bei Kasse sind, sich die Brille leisten können. Dann aber kam die Feststellung, dass dies zu wenig sei, denn sie hatten die Kosten für die Werbung, Betriebskosten und ihre eigene Arbeit etc. nicht mitberechnet.

Heute können sie von den Fassungen leben. Sie sprechen ungern über Gewinne, eher über die Anzahl der verkauften Fassungen. Im ersten Jahr waren es ca. 3 Tsd. Stück. Dieses Jahr rechnen sie mit mindestens 10 Tsd. Das Geld wird in die Entwicklung der Firma investiert. – „Ich bringe es immer noch nicht fertig, den 15-jährigen Volvo, der ständig kaputt geht, gegen ein neueres Modell auszutauschen“ - lacht Mateusz.

Er ist vergesslich, sie korrekt

Ich habe ein Treffen mit Mateusz vereinbart. Er ist zusammen mit Agnieszka gekommen. – „Die Firma ist unser gemeinsames Werk und wir machen alles gemeinsam“ – sagte er am Anfang des Gesprächs. Bei der Arbeit ist er für das Design der Muster und der Fassungen zuständig. Ihr Part sind die organisatorischen und Marketingangelegenheiten. Er ist ein bisschen chaotisch und vergesslich, sie - korrekt und analytisch. Sie ergänzen sich ausgezeichnet. Agnieszka gibt Ratschläge, inspiriert und kritisiert manchmal. Sie testet selbst die Fassungen. – „Wir entwerfen eine Form. Ich bin der Meinung, sie würde gut ankommen, doch sie sagt, dass statistisch gesehen ein anderes Modell mehr Käufer finden wird und oft hat sie auch Recht“ – fügt Mateusz hinzu.

Beide sind sehr offen, lachen oft. Sie erzählen, dass sie verlegen und den Faden verlieren, wenn sie Fernsehinterview geben. – „Das ist wohl wegen der Kamera, sicherlich aber auch eine Sache der Erfahrung oder Übung? - fragt Mateusz nach.

Sie lernen das Geschäft

Sie sind privat ein Paar und kennen sich seit 5 Jahren. Sie sind beide in Wroclaw geboren. Mateusz, Jahrgang 87, besuchte zuerst das 15. Allgemeinbildende Lyzeum in Nowy Dwor, machte dann das Abitur am Akademischen Lyzeum in der ul. Robotnicza. Sein Studium im Industriedesign an der Akademie für Schöne Künste beendete er 2014. Agnieszka, Jahrgang 89, absolvierte das 8. Allgemeinbildende Lyzeum in der ul. Zaporoska. Im Juni 2014 verteidigte sie ihr Diplom in Physiotherapie an der Sportakademie. Sie gehören einer Generation an, die zwar die sozialistische Planwirtschaft aus dem Geschichtsunterricht kennt, doch die Grundlagen der kapitalistischen Wirtschaft lernen sie bis heute. Sie sagen, eine Fassung zu entwerfen und herzustellen sei die Hälfte des Erfolgs, doch diese zu verkaufen und damit Geld zu verdienen – das ist eine völlig andere Sache.

- „An der Kunstakademie lernt man keine BWL-Grundlagen. Ein Absolvent, der auf eigene Rechnung arbeiten möchte, muss sich selbst in die Gesetze und das Steuerrecht einlesen, lernen, wie man rechnet, kalkuliert und einen Businessplan schreibt“- zählt Mateusz auf.

Eine Brille aus Liebe zum Holz

Als sie mit ihrem Studium fast fertig waren, überlegten sie, was sie danach machen sollen. Sie wollten etwas gemeinsam machen. Es gingen ihnen verschiedene Ideen durch den Kopf – z.B. bunt gemusterte Stulpen entwerfen oder Werkzeuge, mit denen man aus Früchten Gefäße macht. – „Das ich Brillen mache, geschieht aus Liebe zum Holz. Die Schwester meines Vaters hat eine Schreinerwerkstatt. Als Kind verbrachte ich dort oft meine Ferien. Ich baute Angeln, Bausteine. Arbeit mit Holz macht mir sehr viel Spaß“- erzählt Mateusz.

Sie starteten in einem kleinen Zimmer in Agnieszkas Wohnung in Wroclaw. Heute mieten sie einen 60m großen Raum im Süden der Stadt. Dort entstehen auf einem 3D-Drucker die Prototypen der Fassungen. Sie werden getestet und überprüft. Sie messen die Breite der Nasenstützen, der Gesichter etc. Sie erstellen Fragebögen. Wenn sie z.B. auf eine Party bei Freunden gehen, nehmen sie rund einen Dutzend mit und wenn sich eine Gelegenheit ergibt, lassen sie die Leute sie testen. Auf diese Weise verbessern und optimieren sie ihre Entwürfe.

Eine Brille aus dem Fass oder welches Holz ist am besten

Es gibt zwei Verfahren, in denen sie ihre Holzfassungen anfertigen – die Schichttechnik (mehrere Furnierschichten) und aus exotischem Massivholz. In der ersten werden Korrektionsbrillen hergestellt, in der zweiten – die Sonnenbrillen. – „Wichtig ist die Stärke der Fassung, in die die Gläser eingesetzt werden. Mit der Schichttechnik sind wir in der Lage, dünnere Fassungen anzufertigen. Die Sonnenbrillen wiederum werden meistens aus Massivholz, z.B. aus Bambus oder Palisander gebaut und sind mindestens 4 mm dick“ - erklärt Mateusz.

Sie verwenden Furniere aus Silber-Ahorn und aus Padouk. Sie haben schon Brillen aus Buchenholz oder aus alten Weinfässern gemacht, doch am liebsten ist ihnen das exotische Holz. – „Exotische Hölzer haben einen besseren Charakter. Die Baumkrone liegt bei ihnen höher. Sie haben im Prinzip keine Astansätze und vertragen unterschiedliche Wetterbedingungen viel besser “ - erklärt Mateusz und fügt hinzu, dass sie die exotischen Hölzer über Mittelsmänner aus verschiedenen Teilen der Welt beziehen. Sie waren sogar in China, um mit eigenen Augen zu sehen, wo der Bambus wächst, aus dem sie später ihre Fassungen machen.

Ein eigener Betrieb ist noch nicht in Sicht

Mateusz ist nicht beleidigt, wenn jemand zu ihm sagt, dass er bloß Brillen schnitzt. Heute, wenn das Geschäft ständig größer wird, hat er keine Zeit, sich um so was zu kümmern. Die Produktion geben sie geprüften Firmen in Auftrag, die über Maschinen für Holzverarbeitung verfügen. Über einen eigenen Betrieb mit Produktionslinie denken sie momentan gar nicht nach. Auf dieser Etappe würde es sich noch nicht lohnen. Sie arbeiten mit einem Optiker und einer Designerin zusammen. Sie haben eine Assistentin, eine Verkaufsfachmann und Mitarbeiter für den Service. – „Die Produktion erfolgt Parteienweise. Wir entwickeln z.B. fünf neue Muster. Dann wird ein Prototyp angefertigt und anschließend mehrere Dutzend Stück probeweise errichtet. Wenn sie sich gut verkaufen, machen wir weitere“- erzählt Mateusz.

Das Holz für die Fassungen wird während der Herstellung speziell verarbeitet. Es wird entwässert, damit es sich später nicht verformt, anschließend wird es geölt oder gewachst. Die Holzfassungen benötigen beim Gebrauch im Prinzip keine Pflegestoffe. Es gibt lebenslange Garantie.

Wie kam Gepetto auf die Brillen

Sie sind mit einem anderen Namen gestartet. Am Anfang war es Woody, seit anderthalb Jahren ist es Gepetto. Der Name und das Markenzeichen sind in Europa geschützt. – „Gepetto ist doch der Vater von Pinocchio, die Verbindung zu Holz liegt also auf der Hand“- erklärt Agnieszka.

Berühmte Brillendesigner ergänzen oft ihren Namen mit dem Namen der Stadt, aus der die jeweilige Marke stammt, z.B. Etnia Barcelona, IC Berlin. Gepetto hat sich noch nicht für Wroclaw entschieden, doch das kann sich noch ändern.

Wer trägt Gepetto – die Brille wird Mode

Legen die Polen Wert auf Brillenfassungen? – „Immer öfters“ - bemerkt Agnieszka. Im Westen ist es mittlerweile ein Modeaccessoire. Niemand wundert sich, wenn man mehrere Fassungen besitzt, die zur Kleidung, zu den Schuhen oder der Tasche passen. Die Menschen spielen mit Formen und Farben. Bei uns dominiert immer noch eine Fassung, die jahrelang getragen wird (ein statistischer Pole wechselt die Brillenfassung alle 7 Jahre), das ändert sich allerdings.

Sie lachen, dass ihre Familien und Freunde nur noch ihre Fassungen tragen. Die ersten haben sie gekauft, die nächsten bekommen sie als Geschenk. Unter ihren Kunden sind bekannte Politiker, Schauspieler, Musiker und Journalisten. Sie sagen, dass im Prinzip jedes Interview mit der Frage nach Promis beginnt, die ihre Brillen tragen und dass sie es mittlerweile satt haben. – „Das ist eine Brille für jedermann“ - bemerkt Mateusz und fügt hinzu, dass z.B. Palisander für einen Musikfan sehr gut passen würde, weil man aus diesem Holz z.B. Gitarren macht.

Die Fassungen werden der Gesichtsform angepasst. Bei ihnen sucht sich der Kunde das Modell auf der Internetseite aus. – „Wenn wir jemanden kennenlernen, achten wir auf das Gesicht, auf den Blick und das Lächeln. Die Brille kann sehr viel über ihren Besitzer verraten. Ein guter Optiker sollte sich zuerst mit dem Kunden unterhalten und seinen Bedarf ermitteln, bevor er ihm eine Fassung vorschlägt. Gepetto sind für diejenigen, die irgendeinen Funken in sich haben, die aktiv, weltoffen und aufgeschlossen sind. Das Alter spielt keine Rolle, von den Teenagern bis hin zu Senioren jenseits der 70er.“ - sagt Mateusz und fügt hinzu, dass die Kunden ihnen oft ein Foto von sich schicken und nach konkretem Modell fragen. – „Am besten sollte man einen Optiker aufsuchen. Das ist vor allem bei einer Korrektionsbrille wichtig.

Momentan arbeiten sie in Wroclaw mit drei Optikergeschäften zusammen, in Polen sind es ca. 120. Die Sonnenbrillen werden über Modegeschäfte vertrieben.

Der Erfolg liegt noch vor ihnen

Sie sprechen ungern über ihre Pläne. Die Konkurrenz schläft nicht – sie versuchen, das Thema zu wechseln. Davon haben sie sich schon überzeugt. – „Wir werden uns auf jeden Fall nicht von Holz trennen“ - lacht Agnieszka. Sie halten sich nicht für Menschen, die ihren geschäftlichen Erfolg schon erreicht haben. Sie sagen stattdessen, sie sind erfolgreich, weil sie das tun, was ihnen Spaß macht. Wo werden sie in 10 Jahren stehen? Sie möchten die bekannteste Firma sein, die Holzaccessoires anbietet. Zuerst in Europa, dann weltweit.

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